In den 1990er und frühen 2000er Jahren waren sie aus dem deutschen Fernsehen nicht mehr wegzudenken: Talkshows. Zu Zeiten des größten Hypes konnte man sich (nach)mittags zwischen einem Dutzend Formaten entscheiden, in denen jeden Tag die menschlichen Dramen totaler Normalos im Mittelpunkt standen. Das ist mittlerweile TV-Geschichte – aber was ist eigentlich aus den Kult-Moderatoren von einst geworden?
Ein ganzes Jahrzehnt lang unterhielt Arabella Kiesbauer von 1994 bis 2004 mit ihrer Talkshow jeden Nachmittag eine ganze Nation. Bei Themen wie „Dein Partner ist das Letzte – sieh es endlich ein!“ waren Geschrei und Beleidigungen meist an der Tagesordnung. Als aufgrund von Quotendruck die Gäste durch Laiendarsteller ausgetauscht werden sollten, stellte sich die gebürtige Wienerin dagegen – das bedeutete das Ende für ihre Talkshow. In ihrer Heimat Österreich ist die 48-Jährige immer noch regelmäßig im TV zu sehen. Dort moderiert sie zum Beispiel „Bauer sucht Frau“ und den „Eurovision Song Contest“.
„Der erotischste TV-Mann Deutschlands“ – mit diesem Titel durfte sich der Moderatoren-Sunnyboy schmücken, während er durch seine eigene Talkshow führte. 4 Jahre lang standen Themen wie „Bäh, du stinkst, wasch dich endlich“ und „Andreas, glaub’ mir, sie hat Schläge verdient“ auf dem Programm – und der Frauenschwarm klimperte gerne mal in einer Ecke auf der Gitarre, wenn sich seine in Rage geschrienen Gäste gar nicht mehr beruhigen wollten. 2004 trennte sich Sender ProSieben jedoch von Andreas Türck, als er von einer Frau der Vergewaltigung bezichtigt wurde. Obwohl er im Jahr darauf von den Vorwürfen freigesprochen wurde, war die Fernsehkarriere des 49-Jährigen vorerst beendet. Er verdingte er sich als Unternehmer und kehrte erst 2012 als Moderator der Kabel Eins-Sendung „Abenteuer Leben“ wieder auf den Bildschirm zurück.
3.) Sonja Zietlow
Die gebürtige Bonnerin ist eigentlich ausgebildete Pilotin und flog zwei Jahre lang eine Boing 737, bevor sie für das Fernsehen entdeckt wurde. Bei „Sonja“ ging es 821 Folgen lang mit Themen wie „Mein Busen macht die Welt verrückt“ oder „Bei deinem Anblick wird mir schlecht“ heiß her. 2001 wechselte die mit einem IQ von 132 hochbegabte 49-Jährige von Sat.1 zu RTL und moderiert seitdem unter anderem das umstrittene Quiz “Der Schwächste fliegt” (2001-2002), diverse Ranking-Shows und den Dauerbrenner „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“
4.) Franklin
Eigentlich als Frank Schmidt geboren, gewann er bereits mit 18 Jahren unter seinem Künstlernamen „Franklin“ einen Weltmeistertitel als Zauberkünstler. Dann wandte er sich dem Fernsehen zu und moderierte ab 2000 in „Franklin – Deine Chance um 11” seine eigene Talkshow. Vier Jahre lang widmete sich der Breisgauer mit dem Lausbubengrinsen vor laufender Kamera Themen wie „DNA-Test: Ich wünsche mir einen anderen Vater für mein Kind”. Nach dem Sende-Aus produzierte der heute 42-Jährige bis 2015 mit seiner eigenen Produktionsfirma Sendungen wie „Schneller als die Polizei erlaubt.“
5.) Bärbel Schäfer
1995, auf dem Höhepunkt des Daily-Show-Hypes, bekam auch Bärbel Schäfer ihr eigenes Format auf RTL. 1500 Mal ging sie mit ihren oftmals streitlustigen Gästen auf Sendung, bis die Talkshow nach 7 Jahren eingestellt wurde. Mittlerweile moderiert die 54-Jährige eine wöchentliche Radioshow bei „hr3“, in der sie berühmte Gäste interviewt. Außerdem hat die Ehefrau von Michel Friedman mehrere Romane veröffentlicht, zum Beispiel „Zen im Gurkenbeet“.
6.) Hans Meiser
Hans Meiser ist quasi der Urvater aller Talkmaster: 1992 flimmerte bei RTL mit ihm die erste deutsche Talkshow über den Bildschirm und bildete den Startschuss für alle anderen Talk-Formate. Mit bis zu 4,8 Millionen Zuschauern war aber kaum einer so erfolgreich wie er. Nach dem Sende-Aus 2001 moderierte der ehemalige Nachrichtensprecher noch einige Jahre die Sendung „Notruf” und die Pannenshow „Life! Dumm gelaufen”. Seit 2013 hat der 71-Jährige seine eigene Radioshow und trat auch in Jan Böhmermanns „Neo Magazin Royale“ auf – die Zusammenarbeit endete letztes Jahr, als herauskam, dass Hans Meiser für das für seine Verschwörungstheorien bekannte, rechtspopulistische Onlineportal „Watergate.tv“ Spots eingesprochen hatte.
7.) Ilona Christen
1993 bekam die ehemalige “ZDF-Fernsehgarten”-Moderatorin mit den auffälligen Brillengestellen den Sendeplatz vor Hans Meiser und avancierte schnell zu einer der beliebtesten Talkmasterinnen. 5 Jahre lang unterhielt sie mit charakteristisch übereinandergeschlagenen Beinen vor allem älteres Publikum, bevor sie sich 2000 ganz aus dem TV-Geschäft zurückzog, um in der Schweiz zu leben. 9 Jahre später erlitt sie einen schweren Sturz und starb infolgedessen mit nur 58 Jahren an einer Blutvergiftung.
8.) Britt
Britt Hagedorn bildete die Ablöse von Sonja Zietlow und führte ganze zwölf Jahre lang durch „Britt – Der Talk um 1“. 2013 endete nach über 800 Lügendetektor– und 300 Vaterschaftstests auch die letzte tägliche Talkshow im deutschen Fernsehen. Nach der Moderation der TV-Doku „Schwer verliebt“ arbeitet die 46-Jährige mittlerweile bei einem Shopping-Kanal.
9.) Jürgen Fliege
Der Pfarrer bekam 1994 sein eigenes, tägliches Format im Ersten, das er selbst in Abgrenzung zu anderen Talkshows als „die größte Selbsthilfegruppe der Nation“ betitelte. Themen für das vorrangig ältere Publikum waren vor allem alternative Heilmethoden und dramatische Familienschicksale. 2005 verabschiedete sich der studierte Theologe ein letztes Mal mit seinem TV-Segen „Passen Sie auf sich auf”, vertrieb daraufhin seine eigene Zeitschrift und veröffentlichte über 20 Bücher. Den Verkauf seiner„Fliege-Essenz“, die durch sein Handauflegen und Beten als Wundermittel wirken sollte, musste er aufgrund großer Medienkritik jedoch einstellen.
10.) Ricky Harris
Ricky Harris war ganz klar der Paradiesvogel unter den Talkmastern! Der US-Amerikaner aus Detroit quasselte sich mit Ami-Akzent und seinem unverwechselbaren Lachen durch seine eigene Talkshow „Ricky!“ Nach dem Sende-Aus verschwand der heute 55-Jährige zunächst von der Bildfläche, arbeitete als Bademeister im bayerischen Bad Wörishofen (wofür er mit 50 Jahren erst noch einmal Schwimmen lernen musste) und als Betreuer in einer Ganztagsschule im Ostallgäu. 2016 trat er wieder vor ein Millionenpublikum – als Teilnehmer des Dschungelcamps, das er als Achtplatzierter verließ. Und erst letztes Jahr hat der passionierte Schlagzeuger seine Single „Totale Eskalation“ auf den Markt gebracht.
11.) Vera Int-Veen
Von 1996 bis 2006 war die gelernte Einzelhandelskauffrau mit ihrer selbst produzierten Talkshow „ Vera am Mittag” auf Sendung. Mehrfach bekam das Format Ärger mit dem Jugendschutz – zum Beispiel, als beim Talk-Thema „Sex, das Spiel ohne Grenzen“ eine Domina, ihr Sklave in Gummianzug und Gasmaske sowie ein als Baby verkleideter Mann durch das Vormittagsprogramm flimmerten. Ihrer Beliebtheit hat das jedoch keinen Abbruch getan. Seit einigen Jahren hat die 50-Jährige, die mit ihrer Partnerin in Potsdam lebt, ihre Heimat bei RTL gefunden: Seit 2007 moderiert sie die nunmehr 11. Staffel von „Schwiegertochter gesucht“.
12.) Tobi Schlegl
Der Kölner wurde eigentlich als Moderator beim Musiksender VIVA bekannt, bekam jedoch 2002 seine eigene Talkshow auf ProSieben, „Absolut Schlegl“. Mit skurrilen Gästen und witzigen Studio-Aktionen versuchte er dem allgemeinen Sterben der Talkshows entgegenzuwirken, doch bereits nach einem Jahr war Schluss mit lustig. Im Öffentlich-Rechtlichen war der globalisierungskritische Vegetarier von nun an in Kultursendungen wie „aspekte“ oder dem Satire-Magazin „extra 3“ zu sehen. 2016 machte der 40-Jährige jedoch bekannt, dass er dem Fernsehen den Rücken kehren wolle, um etwas „gesellschaftlich Relevantes“ zu machen – und zwar eine Ausbildung zum Rettungssanitäter.
Die täglichen quassellastigen Talkshows haben schon lange Sendepause, aber an die unterhaltsamen Nachmittage vor der Flimmerkiste erinnert man sich gern zurück. Und einige der Talkmaster von damals können wir heute immer noch im TV sehen – denn auch Jörg Pilawa, Johannes B. Kerner und Peter Imhof verdienten ihre Sporen einst in Daily Talks auf SAT 1!