Als die Ärzte sagen, wie ungesund ihr Sohn ist, treffen die Eltern eine Entscheidung. 30 Jahre später gehen diese Bilder um die Welt.

25.12.2017 19:32

Der Norweger Torstein Lerhol ist Lehrer, Politiker, sozial engagiert und reist gerne um die Welt. Vor allem aber ist er eine Inspiration für andere Menschen. Denn wer den 30-Jährigen trifft, ist zunächst überrascht. Denn auf den ersten Blick sieht er nicht so aus, wie man sich den erfolgreichen und glücklichen Mann vielleicht vorgestellt hat.

Torstein leidet nämlich an spinaler Muskelatrophie und verbringt sein ganzes Leben im Rollstuhl. Doch seine Eltern – Landwirte aus einer abgelegenen Gegend – stehen von Beginn an hinter ihm! Als die Ärzte ihnen nämlich eröffnen, dass ihr Sohn niemals laufen wird und niemals wie die meisten Menschen aussehen wird, entscheiden sie sich dennoch dafür, ihn ganz normal großzuziehen. Sie sehen nicht ein, warum sie ihn wegen seines Aussehens anders als seine Geschwister behandeln sollten.

Genau wie seine Geschwister studiert Torstein, er bereist die ganze Welt und schmiedet Pläne für seine Zukunft. Schon früh weiß er, dass er Lehrer werden möchte. Als junger Erwachsener beginnt er zudem, sich für Politik zu interessieren. Schon bald ist er als der inspirierendste (und leichteste) Politiker im ganzen Land bekannt - denn Torstein wiegt gerade einmal 17 kg. Aber er möchte eigentlich auch nicht zunehmen, denn er will nicht, so sagt er mit einem Augenzwinkern, dass seine Pfleger zu schwer schleppen müssen. Dieses humorvolle Eingeständnis verdeutlicht schon ein wenig, wie der junge Mann mit seiner Krankheit umgeht.

Torsteins Lebensmut und Optimismus inspirieren das ganze Land. Und auch wenn er seine ruhmreiche Position akzeptiert und genießt, ist Torstein doch zunächst zögerlich, als der junge Fotograf Henrik Fjørtoft ihm eines Tages eine ganz besondere Idee unterbreitet: Er möchte den Politiker in einer Fotostrecke nackt abbilden. Torstein ist sich nicht sicher, denn sein Körper ist nicht unbedingt etwas, das die meisten Leute unbedingt sehen wollen. Letztlich willigt er aber ein. Schon ein paar Monate später ist die ganze Welt von den mutigen Bildern berührt. Torsteins eigene Worte tun ihr Übriges, um jeden Betrachter zu beeindrucken:

„Ich habe lange überlegt, ob ich diese Bilder und Zeilen wirklich veröffentlichen sollte. Ich möchte zeigen, dass weder mein Körper noch mein Aussehen einen großen Einfluss auf mein Inneres und auf meine Selbstwahrnehmung hatten. Körper und Aussehen haben nie verhindert, dass ich mir große Ziele gesteckt und sie auch erreicht habe. Ich hoffe, dass diese Worte all diejenigen erreichen, die sich zu sehr um ihr Äußeres sorgen, und dass sie ihnen helfen, ihr Inneres besser zu verstehen. Denn die inneren Werte sollten entscheiden, wie erfolgreich wir sind, nicht das Äußere.

Der Fotograf wollte zeigen, dass Schönheit so viel mehr ist als das, was wir gewöhnlich als 'schön' empfinden, dass es keine einfache Antwort auf die Frage gibt, was schön und großartig ist. Er wollte zeigen, dass es möglich ist, in allen Dingen Schönheit zu entdecken. Die Botschaft lautet, dass wir in unserer Gesellschaft alle Menschen akzeptieren sollten, völlig unabhängig von Aussehen und körperlichen Einschränkungen. Gerade weil es keine einfache Antwort gibt, habe ich diese Bilder veröffentlicht.

Natürlich habe ich schnell gemerkt, dass ich kein Brad Pitt bin. Meine Knochen stechen hervor, Muskeln verkümmern und meine Wirbelsäule ist so krumm, dass ich eher wie der Glöckner von Notre Dame aussehe. Aber das hat mich nicht davon abgehalten, meine Träume zu verfolgen. Ich habe einfach die Fähigkeiten und Talente genutzt, die ich stattdessen habe. Bildung und Politik haben mir das Selbstbewusstsein gegeben, zu wissen, dass ich meine Ziele auch ohne das sogenannte 'perfekte' Aussehen erreichen kann. Daher haben mich die Leute immer mit Respekt behandelt und nicht darauf geachtet, dass ich wie ein Skelett aussehe. In der Schule haben mich meine Schüler wie einen ganz normalen Lehrer behandelt. Aussehen ist wichtig und ein sensibles Thema für Kinder. Und wenn sie mich genauso behandeln konnten wie jeden anderen Menschen auch, dann sollte es Hoffnung für jeden Menschen geben.

Ich möchte hier nicht naiv erscheinen und behaupten, dass das Aussehen nicht in vielen Situationen sehr wichtig sei. Ich möchte auch nicht fordern, dass die Menschen ihre Körper nicht pflegen. Ich möchte dafür plädieren, dass unser Aussehen nicht bestimmen sollte, wie wir uns wahrnehmen, wie wir unser Leben führen oder wie sehr andere Menschen uns schätzen. Ich habe mich aktiv dafür entschieden, dass mein Aussehen nicht die wichtigste Rolle in meinem Leben spielen soll.

Vielleicht war es für mich einfacher, diese Entscheidung zu treffen, weil ich nie wie ein Model aussehen werde. Aber das bedeutet nicht, dass andere nicht die gleiche Entscheidung treffen könnten. Menschen haben so viele Qualitäten und Eigenschaften, die so viel wichtiger sind als das Aussehen. Und das ist es, was zählen sollte. Unsere Gesellschaft muss lernen, sich auf Fähigkeiten, Talente und Einstellungen zu konzentrieren. Nicht darauf, ob man dick, dünn, groß, klein oder einfach nur anders ist. Ich halte das Aussehen generell für überbewertet.“

Diese weisen Worte sollte sich jeder zu Herzen nehmen. Denn in ihnen steckt eine tiefe Wahrheit, die uns alle angeht und das Zusammenleben aller Menschen verbessern kann.

 

 

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