Bei einem Date geht dieser Mann kurz auf die Toilette. 43 Jahre später fragt er sich noch immer, wo sein Gegenüber heute ist.

22.02.2018 07:29

Dieser alte Mann aus Boston beschreibt die wohl wichtigste Begegnung in seinem Leben. Er veröffentlicht auf der Plattform Craiglist seine Geschichte, um die Frau zu finden, die ihm vor 43 Jahren das Leben rettete, ohne es zu wissen. Seine Geschichte ist unendlich berührend, traurig und wunderschön zugleich!

„Ich traf dich im Regen, am letzten Tag des Jahres 1972, an dem Tag, an dem ich beschlossen hatte, mich umzubringen.

Eine Woche zuvor bin ich auf Geheiß von Richard Nixon und Henry Kissinger vier B-52 Einsätze über Hanoi geflogen. Ich habe vierundachtzig Bomben abgeworfen. Wie viele Häuser ich zerstört, wie viele Menschen ich getötet habe, werde ich niemals erfahren. Aber in den Augen meiner Vorgesetzten hatte ich meinem Land ehrenvoll gedient und ich wurde dementsprechend mit einer Auszeichnung aus dem Dienst verabschiedet. 

Und an diesem Morgen des Neujahrstages fand ich mich selbst in einer kargen Einzimmerwohnung an der Beacon- und der Herefordstraße wieder, mit einer Flasche Tennessee Whiskey und einem Anfall von Scham, der die Tiefen meiner Seele durchdrang. Als die Flasche leer war, ging ich zur Tür und schwor mir, wenn ich wiederkäme, würde ich die Smith & Wesson Model 15 aus dem Schrank holen und mir selbst das Ende bereiten, das ich verdiente.

Ich lief stundenlang herum. Ich lungerte an der Fenway herum, bevor ich mich zurückschlängelte, an der Konzerthalle vorbei und rüber zur Dreifaltigkeitskirche. Dann lief ich durch die Gemeinde, überwand den Hügel mit seinem goldenen Dom und tauchte ein in das charmante Labyrinth, das durchschnitten wird von der Hanover Street. Als ich den Hafen erreichte, öffnete sich der kohlrabenschwarze Himmel und aus einem Nieselregen wurde eine Dusche. Diese Dusche machte bald darauf Platz für einen wahren Wolkenbruch. Während die anderen Fußgänger schnell nach einem Unterschlupf suchten, stapfte ich direkt in den Regen. Ich vermute, ich dachte, oder besser hoffte, dass es den Rost der Schande wegwaschen würde, der sich um mein Herz gelegt hatte. Natürlich tat er das nicht und so machte ich mich auf den Weg zurück zur Wohnung.

Und dann sah ich dich.

Du hattest Zuflucht gesucht unter einem Balkon des alten Parlamentsgebäudes. Du hast ein Ballkleid mit einer Stola getragen, was mir gleichzeitig majestätisch und lächerlich erschien. Dein braunes Haar war an der rechten Seite deines Gesichts ganz zerzaust und eine Galaxie aus Sommersprossen bedeckte deine Schultern. Ich hatte noch nie etwas so Schönes gesehen.

Als ich zu dir unter den Balkon trat, sahst du mich mit deinen großen grünen Augen an und ich konnte sehen, dass du geweint hattest. Ich fragte dich, ob du okay wärst. Du sagtest, dass es dir schon besser gegangen sei. Ich fragte, ob du eine Tasse Kaffee haben möchtest. Du sagtest, nur, wenn ich dich begleiten würde. Bevor ich dich auch nur anlächeln konnte, hattest du schon meine Hand geschnappt und mich hastig durch die Innenstadt gezogen, bis zu Neisner’s.

Wir setzten uns an die Bar der billigen Kneipe und redeten wie alte Freunde. Wir lachten so leicht wie wir jammerten und du hast mir bei einem Pecanusskuchen gestanden, dass du mit einem Mann verlobt bist, den du nicht liebst, einem Banker aus irgendeiner Linie der Bostoner Schickeria. Ein Cabot oder vielleicht ein Chaffee. So oder so, jedenfalls veranstalteten seine Eltern ein Fest, um das neue Jahr einzuläuten, daher dein Kleid.

Ich für meinen Teil, erzählte mehr von mir selbst, als ich es mir zu der Zeit je hätte vorstellen können. Ich erwähnte Vietnam nicht, aber ich hatte das Gefühl, dass du sehen konntest, dass ein Krieg in mir tobte. Trotzdem zeigten deine Augen kein Mitleid und dafür liebte ich dich.

Nach ungefähr einer Stunde entschuldigte ich mich, um auf die Toilette zu gehen. Ich erinnere mich noch, wie ich mit meinem Abbild im Spiegel sprach. Ich frage mich, ob ich dich küssen sollte, ob ich dir erzählen sollte, was ich vor einer Woche im Cockpit dieses Bombenflugzeugs getan hatte, ob ich zu der Smith & Wesson zurückkehren sollte, die auf mich wartete. Endlich entschied ich mich, dass ich die Wiederbelebung, die mir diese Fremde in dem Ballkleid gegeben hatte, nicht verdiente und diesem Glück den Rücken zu kehren wäre eine echte Schande. 

Auf meinem Weg zurück zur Bar klopfte mein Herz in der Brust wie der Hammer eines verärgerten Richters und eine Zukunft — unsere Zukunft — blitzte vor mir auf. Als ich die Stühle erreichte warst du weg. Keine Telefonnummer. Keine Notiz. Nichts.

So seltsam wie unsere Vereinigung begonnen hatte, so hatte sie auch geendet. Ich war verzweifelt. Ich kam jeden Tag ins Neisner’s zurück, ein ganzes Jahr lang, aber ich sah dich nie wieder. Ironischerweise schien die Qual deiner Zurückweisung meine Selbstzweifel zu überdecken und die Aussicht auf den Selbstmord war weniger verlockend, als die Aussicht darauf herauszufinden, was in diesem Restaurant passiert war. Die Wahrheit ist, dass ich nie wirklich aufgehört habe, mich das zu fragen.

Ich bin jetzt ein alter Mann und erst letztens habe ich diese Geschichte zum ersten Mal jemandem erzählt, einem Freund vom VFW (Vereinigung der Veteranen in Amerika). Er schlug mir vor, dich auf Facebook zu suchen. Ich sagte ihm, dass ich nichts über Facebook weiß und alles was ich über dich wusste war dein Vorname und dass du einmal in Boston gelebt hast. Und selbst wenn ich wie durch ein Wunder dein Profil gefunden hätte, wäre ich mir nicht sicher, ob ich dich wieder erkennen würde. Die Zeit ist da grausam.

Derselbe Freund hat eine außergewöhnlich sentimentale Tochter. Sie ist diejenige, die mich hier zu Craiglist gebracht hat und zu Missed Connections. Aber während ich diesen virtuellen Pfennig in den Wunschbrunnen des Kosmos werfe, wird mir nach einer Millionen was-wäre-wenns und einem Leben voller verlorenem Schlaf klar, dass unsere Verbindung überhaupt nicht verloren war.

Weißt du, in den vergangenen zweiundvierzig Jahren habe ich ein gutes Leben gelebt. Ich habe eine gute Frau geliebt. Ich habe einen guten Mann großgezogen. Ich habe die Welt gesehen. Und ich habe mir selbst vergeben. Und du warst die Quelle für all das. Du hast deinen Geist in meine Lungen geatmet, an einem verregneten Nachmittag und du kannst dir nicht einmal ansatzweise meine Dankbarkeit vorstellen.

Ich habe auch harte Tage. Meine Frau ist vor vier Jahren gestorben. Mein Sohn ein Jahr darauf. Ich weine viel. Manchmal wegen der Einsamkeit, manchmal weiß ich nicht warum. Manchmal kann ich immer noch den Qualm über Hanoi riechen. Und dann, ein paar dutzend Mal im Jahr, bekomme ich ein Geschenk. Der Himmel zieht sich zu und die Wolken verbergen die Sonne und der Regen beginnt zu fallen. Und ich werde mich erinnern.

Also, wo immer du warst, wo immer du bist, und wo immer du sein wirst, du sollst das wissen: Du bist immer noch bei mir.“

Diese Zeilen gehen tief unter die Haut. Wenn auch du bei der verzweifelten Suche dieses Mannes mithelfen möchtest, dann teile seine Geschichte mit allen, die du kennst und wer weiß, vielleicht findet sie so genau die richtige Person!

 

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