Die Türkei blockiert den schwedischen Nato-Beitritt. Jetzt macht Stockholm Zugeständnisse

15.06.2022 12:52

Während die anderen Nato-Länder Finnland und Schweden mit offenen Armen in dem Militärbündnis empfangen wollen, stellt sich die Türkei quer. Schweden finanziere die PKK, so der Vorwurf aus Ankara. Jetzt geht Schweden auf die Türkei zu.

Es war ein außenpolitischer Umschwung und Umbruch für Schweden und Finnland, als sie erklärten, sie wollten der Nato beitreten. Jahrzehntelang blieben die beiden Länder neutral, unterhielten sogar recht gute außenpolitische Beziehungen zu Russland. Die Atommacht im Osten wollte man bloß nicht verärgern.

Eine Zäsur stellte dann der russische Angriffskrieg in der Ukraine dar. Es wurde den beiden nordischen Ländern zu heikel in der Nähe zu dem aggressiven Nachbarn. Man entschied sich daher, der Nato beitreten zu wollen, um bei einem möglichen Angriff den Rückhalt und die Unterstützung des Militärbündnisses zu bekommen. Ein Schritt, der auch in den Bevölkerungen beider Staaten überwiegend begrüßt wird.

Türkei blockiert wegen angeblicher Terrorunterstützung

Fast alle Nato-Mitgliedsländer nahmen das Beitrittsgesuch von vor einigen Wochen positiv auf, wollen Schweden und Finnland gerne schnellstmöglich integrieren. Währe da nicht das Wörtchen fast. Denn ein Land stellt sich quer – und das ist die Türkei.

Ankara begründet seine Blockadehaltung mit der angeblichen Unterstützung Finnlands und Schwedens von "Terrororganisationen" wie der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Die Einwände scheinen sich allerdings mehr gegen Schweden als gegen Finnland zu richten.

Schweden bewegt sich auf die Türkei zu

Jetzt bewegt sich eine der Streitparteien. Nach Angaben von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg kommt Schweden in zwei Punkten der Türkei entgegen. Das sagte Stoltenberg am Montag bei einem Besuch bei der schwedischen Ministerpräsidentin Magdalena Andersson.

Er heiße es willkommen, dass Schweden bereits damit begonnen habe, seine Anti-Terror-Gesetzgebung zu ändern, und dass das Land sicherstellen werde, dass der rechtliche Rahmen für Rüstungsexporte seinem zukünftigen Status als Nato-Mitglied mit neuen Verpflichtungen gegenüber Verbündeten widerspiegele.

"Das sind zwei wichtige Schritte, um die von der Türkei geäußerten Bedenken anzugehen", sagte Stoltenberg. Andersson versicherte, dass die schwedischen Anti-Terrorgesetze in den vergangenen Jahren geändert worden seien und weiter geändert würden. "Wir nehmen die türkischen Bedenken sehr ernst und nicht zuletzt ihre Sicherheitsbedenken im Kampf gegen den Terrorismus", sagte sie an Stoltenbergs Seite und verwies auf strengere schwedische Anti-Terror-Gesetze, die am 1. Juli in Kraft treten. Auch sei die unabhängige schwedische Waffenexportbehörde bereit, ihre Politik zu überprüfen, sobald das Land Mitglied der Nato ist.

Stoltenberg: Türkei hat "legitime Sorgen"

Zuvor hatte Stoltenberg noch davon gesprochen, dass die Türkei "legitime Sorgen" bezüglich des Terrorismus gegen sein Land habe. Bei einem Treffen am Sonntag mit dem finnischen Präsidenten Sauli Niinistö sagte er, dass kein anderer Nato-Verbündeter mehr Terroranschläge erlitten habe als die Türkei und verwies auf ihre strategische geografische Lage mit Nachbarn wie dem Irak und Syrien.

"Das sind berechtigte Bedenken. Hier geht es um Terrorismus, es geht um Waffenexporte“, sagte Stoltenberg. "Wir müssen die Sicherheitsbedenken aller Verbündeten ansprechen, einschließlich der türkischen Bedenken hinsichtlich der Terrorgruppe PKK."

Einigung bis zum Nato-Gipfel nicht in Sicht

Stoltenberg betonte bei seinem Treffen mit Andersson am Montag, Schweden stehe nach seiner "historischen Entscheidung" zum Nato-Antrag besser da als vorher. Viele Nato-Mitglieder hätten dem Land Sicherheitsgarantien gegeben. Würde Schweden angegriffen werden, sei es "undenkbar, dass die Nato-Verbündeten nicht reagieren würden". Das sei "jedem potenziellen Angreifer" klar gemacht worden.

Die Bedenken der Türkei wollte Stoltenberg ursprünglich noch vor dem für den 28. Juni geplanten Nato-Gipfel in Madrid ausräumen. Am Sonntag dämpfte er bei seinem Finnland-Besuch jedoch die Hoffnungen, dass dies bis dahin gelingen werde.

Wann genau die Nato-Beitritte aber über die Bühne gehen, darüber wollte der Nato-Generalsekretär nicht spekulieren. Ziel sei es, so schnell wie möglich eine Lösung zu finden. "Ich denke nicht, dass es hilft, wenn ich auf Details in diesen Verhandlungen eingehe." Der Gipfel in Madrid sei keineswegs eine Deadline.

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