Fast 1000 Kilometer ohne Ladestopp: BMW iX kämpft mit neuem Akku gegen Reichweitenangst

07.12.2023 11:03

Trotz besserer Ladeinfrastruktur und Schnellladern ist Reichweitenangst bei Elektroautos noch immer ein Thema. Die Lösung: Fahrzeuge, die erst ab 1000 Kilometern schlapp machen. Mit dem BMW iX und einem Akku von Gemini wäre das nun beinahe gelungen.

Akku-Tausch-Stationen, Schnelllader und Ladesäulen an jedem Supermarkt bringen Elektroautos schon heute ein gutes Stück voran – echte Reichweite wäre aber noch schöner. Denn seit jeher leiden Elektroautos unter dem Ruf, besonders bei kaltem Wetter keine nennenswerten Strecken bewältigen zu können. Natürlich steckt in dieser Annahme auch eine Menge Unwissen und mangelnde Erfahrung, doch solange elektrische Fahrzeuge mit einer einzigen Ladung nicht zuverlässig weite Strecken fahren können oder das Aufladen maximal so lange dauert, wie ein Tankstopp, werden die Kritiker nicht verstummen.

BMW und das Start-up Our Next Energy sind dieser magischen Grenze nun ein ganzes Stück näher gekommen. Denn mit einem umgebauten BMW iX gelang es, in einem Test nach dem WLTP-Standard exakt 978,6 Kilometer zu fahren – zumindest auf dem Prüfstand. In der Realität muss man, je nach Wetter, wohl rund ein Drittel wieder abziehen. Dann wären es aber noch immer über 600 Straßenkilometer, die lange nicht jedes Elektroauto schafft.

Elektroauto-Batterie setzt auf zwei Zelltypen

Das junge Unternehmen hat das mit einem neuartigen Akku namens Gemini geschafft. Dabei handelt es sich um eine Art Hybrid-Batterie, die aus zwei unterschiedlichen Zellarten besteht. Der eine Teil setzt sich aus Lithium-Eisen-Phosphat-Zellen (LFP) zusammen und versorgt den Motor mit Energie. Diese Zellen ermöglichen in dem aktuellen Batterieformat eine Fahrt von 240 Kilometern, was nach Angaben des jungen Unternehmens für 99 Prozent des alltäglichen Fahrbedarfs ausreichend ist.

Der andere Teil des Akkus besteht aus anodenfreien Zellen, die eine hohe Energiedichte aufweisen. Sie fungieren als Reichweitenverlängerer, welche die LFP-Zellen während der Fahrt aufladen. Dadurch kann die Reichweite um etwa 724 Kilometer erhöht werden. Der gesamte Gemini-Akku entsteht mit dem Fokus darauf, trotz seiner Leistung in einen 300- bis 400-Liter-Raum zu passen, der typischerweise für die Batterie eines Elektroautos vorgesehen ist.

Our Next Energy hebt die größere Reichweite und den geringeren Bedarf an Rohstoffen besonders hervor. Der Akku benötigt demnach 20 Prozent weniger Lithium und 60 Prozent weniger Graphit, während auch der Einsatz von Nickel und Kobalt reduziert wird. Das soll zu geringeren Kosten und weniger Umweltbelastung führen.

Momentan gibt es bei der anodenfreien Technologie noch Einschränkungen. Sie weist eine geringere Lebensdauer als bei LFP- oder herkömmlichen Lithium-Akkus auf und liefert weniger Leistung an den Elektromotor. Daher wird hauptsächlich der LFP-Teil eingesetzt, während der anodenfreie Teil des Gemini Akkus lediglich als Reichweitenverstärker dient, wenn dies erforderlich ist.

Our Next Energy machte bereits im vergangenen Jahr mit einem umgebauten Tesla Model S auf sich aufmerksam. Mit diesem Auto fuhr das Unternehmen tatsächlich ohne Ladestopp für 1200 Kilometer bei kühlem Wetter. Doch ein Interview von "Autoline Network" mit dem Chef Mujeeb Ijaz machte schnell klar, dass die Technologie damals über eine Demonstration unter kontrollierten Bedingungen nicht hinausgehen konnte.

Marktstart schon für 2024 geplant

Der damalige Akku nutzte teure Nickel-Mangan-Cobalt-Zellen (NMC) ohne Kühlung, wodurch die Testfahrt auf 90 km/h begrenzt war. Im Alltag wäre ein solcher Akku lebensgefährlich, da die Brandgefahr ohne Kühlung deutlich steigt. Mit dem Akku im BMW iX hat man in diesem Bereich offenbar große Schritte gemacht. Aus einer Informationsgrafik des Herstellers geht hervor, dass der Kobalt-Anteil um 100 Prozent und der Nickel-Anteil um 75 Prozent gesunken ist. Man setze nun auf "manganhaltige Kathoden ohne Kobalt", heißt es.

Our Next Energy plant, nach der erfolgreichen Präsentation des Akkus, diesen weiter zu optimieren und die Markteinführung vorzubereiten. Die Rede ist von einem Start im kommenden Jahr.

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