Fetales Alkoholsyndrom: So schadet Alkohol in der Schwangerschaft dem Baby

27.02.2020 14:23

Fetales Alkoholsyndrom: Mehr als 4000 behinderte Kinder jedes Jahr! Was Alkohol in der Schwangerschaft dem Kind antut. Symptome und Hilfe für FAS.

Inhalt
  1. Fetales Alkoholsyndrom: Schwere Alkoholschäden für das Kind
  2. FASD: Wer das höchste Risiko hat
  3. Wie Alkohol dem Ungeborenen schadet
  4. Störung von Motorik, Verhalten und geistiger Entwicklung durch FASD
  5. FASD im Alltag
  6. Warum eine Diagnose wichtig ist
  7. Wer stellt die Diagnose

Fetales Alkoholsyndrom: Schwere Alkoholschäden für das Kind

Mehr als 4000 Kinder werden pro Jahr in Deutschland als Folge von Alkoholkonsum der Mutter in der Schwangerschaft behindert geboren. Die Dunkelziffer liegt weit höher bei bis zu 15.000 Neugeborenen, die ein Leben lang an den unumkehrbaren Folgen dieser vorgeburtlichen toxisch bedingten Schädigung  leiden. 

Die Schädigung zeigt sich durch verschiedene körperliche, geistige, soziale und  emotionale Entwicklungsstörungen. Weil das Erscheinungsbild in seiner Ausdrucksform und im Schweregrad sehr variieren kann, wird zusammenfassend der Oberbegriff Fetale Alkoholspektrum-Störung (abgekürzt FASD für den englischen Begriff Fetal Alcohol Spectrum Disorder) verwendet. Häufig wird auch von FAS (Fetales Alkoholsyndrom) gesprochen – dem Vollbild der Erkrankung.

FASD: Wer das höchste Risiko hat

FASD ist die häufigste Behinderung, die zu 100 Prozent vermeidbar ist, wenn in der Schwangerschaft auf Alkohol verzichtet wird. Trotzdem trinken mehr als ein Viertel aller Schwangeren zumindest gelegentlich Alkohol, obwohl sie bereits von ihrer Schwangerschaft wissen. Von einer Alkoholabhängigkeit ist jedoch ein vergleichsweise kleiner Teil betroffen.

Für manchen unerwartet erscheint es, dass nicht wenige der Frauen, die ab und zu in der Schwangerschaft Alkohol trinken, einen höheren sozialen Status haben. Bildung oder ein besserer Zugang zum Gesundheitssystem als Privatpatientin schützen das Kind hier also leider nicht, wenn trotz besseren Wissens konsumiert wird. Allein der Verzicht auf Alkohol kann FASD verhindern.

Wie Alkohol dem Ungeborenen schadet

Anders als viele glauben, können sich auch schon kleine Mengen Alkohol negativ auf die Entwicklung des Fötus auswirken. Genauso ein einmaliges „Saufgelage“ oder der stete kleine Tropfen. Bisher ist keine Grenze bekannt, bei der man davon ausgehen kann, dass sie dem Kind nicht schadet. Sicher ist aber: Trinkt eine Mutter Alkohol, gelangt Alkohol in den Blutkreislauf des Babys. Da es noch nicht fertig entwickelt ist, kann es den Alkohol nur viel langsamer abbauen als die Mutter. Und oft kommt es so zu einer Überlastung des Organismus und einer irreversiblen Schädigung des gesunden Wachstumsprozesses mit ganz unterschiedlichen Folgen.  

Körperliche Symptome für das Fetale Alkoholsyndrom

  • Bei etwa 15 Prozent der Kinder kann man FASD bereits an typischen Merkmalen im Gesicht erkennen. Diese Kinder fallen auf durch einen meist kleinen Kopf, eine abgeflachte Rinne von Nase zu Oberlippe, schmales Lippenrot (besonders an der Oberlippe), verkürzten Nasenrücken, vorstehende Nasenlöcher, etwas vorgewölbte Stirn, leichtes Schielen und vieles mehr.
  • Die Summe dieser sichtbaren Schädel- und Gesichtsveränderungen bedeutet für viele Betroffene eine lebenslange Stigmatisierung als „Säuferkind“.
  • Häufig sind diese Kinder auch betroffen von Minderwuchs, Untergewicht, Augenfehlbildungen, organischen Schäden, Skelettfehlbildungen und vielen anderen Anzeichen. Allein der Anfang dieser Auflistung macht schon klar, dass diese Schädigung ein hartes Los für jedes betroffene Kind ist.

Störung von Motorik, Verhalten und geistiger Entwicklung durch FASD

Häufige Merkmale der FASD sind auch:

  • Intelligenzminderung
  • Sprachstörungen
  • Hörstörungen
  • feinmotorische Dysfunktionen
  • Schlafstörungen
  • Ess- und Schluckstörungen.

Aber auch Verhaltensstörungen wie

  • Hyperaktivität
  • Distanzlosigkeit
  • Autismus
  • Aggressivität
  • erhöhte Risikobereitschaft
  • und gestörtes Sozialverhalten

können Anzeichen für FASD sein.

FASD im Alltag

Vielen Kindern ist die Schädigung nicht gleich nach der Geburt anzusehen oder anzumerken. Doch durch die Schädigung sind Betroffene oft erheblich in wichtigen Alltagskompetenzen eingeschränkt. Meist macht sich das erst im sozialen Miteinander in Familie und Kindergarten bemerkbar.

Das Erlernen von Regeln und Sinnzusammenhängen fällt betroffenen Kindern schwer und die Fähigkeit zur Konzentration ist oft stark vermindert. Aufträge auszuführen oder Verabredungen einzuhalten ist für sie dadurch schwer.

Vor allem für Heranwachsende mit FASD und deren Umfeld wird es oft zum Problem, dass sich diese Kinder schneller in Gefahr begeben, ohne den Ernst der Lage zu erfassen. Ihr manchmal ungestümes und distanzloses Verhalten eckt an und kann als feindselig oder sexualisiert missverstanden werden. Sie werden als Störenfriede oder als „asozial“ abgestempelt, weil Unwissende ihnen Absicht oder Gleichgültigkeit unterstellen. Dies birgt ein hohes Konfliktpotenzial.

So brauchen Betroffene oft einen geschützten und gut strukturierten Rahmen, in dem sie möglichst wenig Anfeindungen und Gefahrenquellen ausgeliefert sind und Schutz und Förderung erfahren. Deshalb sind viele Betroffene auf eine kontinuierliche und enge Begleitung bis ins Erwachsenenalter angewiesen.

Aus einer Berliner Langzeitstudie ist bekannt, dass bei den Erwachsenen FASD-Patienten 70 Prozent auf Betreuung im Alltag und Wohnen angewiesen sind und sogar 86 Prozent arbeitslos sind, weil sie sich nicht in das Arbeitsleben integrieren können. Das soziale Ansehen und der Selbstwert leiden darunter oft enorm. Und so wirken zusätzlich zur Behinderung die seelischen Folgen von Ablehnung und ungerechter Behandlung beeinträchtigend auf die Entwicklung. Viele Betroffene leben in Pflegefamilien.

Warum eine Diagnose wichtig ist

Die Schädigung eines Kindes durch Alkohol in der Schwangerschaft ist unumkehrbar. Die Früherkennung ist trotzdem wichtig. Zum einen, um das Kind so früh es geht bestmöglich zu fördern. Denn einige Auswirkungen der Behinderung können durch Förderung gemildert, wenn auch nicht geheilt werden.

Zum anderen führt das Fehlen der Diagnose dazu, dass Betroffene ein Leben lang mit Vorwürfen ihrer Umwelt zu kämpfen haben, wie: Der/die ist doch nur faul. Oder: Das macht er/sie mit Absicht. Die Diagnose stellt klar, dass betroffene Kinder mit ihrem Verhalten niemanden ärgern wollen, sondern dass sie einfach nicht anders können. So trägt sie häufig zur Entlastung bei und eröffnet Wege zur bestmöglichen Förderung.

Durch die Anerkennung dieser Behinderung können besondere Förderangebote in Anspruch genommen werden. Wie zum Beispiel

  • ein Heilpädagogischer Kindergarten
  • spezialisierte Schulen, 
  • betreutes Wohnen
  • Logopädie
  • Motopädie
  • Ergotherapie
  • Physiotherapie usw.

Wer stellt die Diagnose

Oft liegen bei einer FASD die Voraussetzungen einer Schwerbehinderung vor. Doch es gibt auch „leichtere“ Formen. Eine gute Diagnose ist wichtig, um eine auf die Besonderheiten jedes Betroffenen optimal zugeschnittene Förderung zu finden. Deshalb wird empfohlen, dass ein interdisziplinäres und erfahrenes Team in einem längeren Diagnoseprozess das Ausmaß der Behinderung erfasst.

Es gibt bereits Ärzte und Kliniken, die sich auf dieses Krankheitsbild spezialisiert haben. Aufklären und beraten lassen können sich alle Interessierten auch bei dem Verein FASD Deutschland e.V. (www.fasd-deutschland.de), der unter anderem bei der Suche geeigneter Fachkräfte und Betreuungseinrichtungen hilft. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Unterstützung von Menschen, die FASD-Betroffene durch ihr Leben begleiten.

Quelle