Forscher identifizieren die Hotspots zukünftiger Pandemien

27.11.2020 13:18

Wissenschaftler haben erstmals eine Weltkarte mit Städten und Regionen veröffentlicht, in denen zukünftig weitere und schwerere Pandemien entstehen könnten

COVID-19 könnte nur ein Vorgeschmack sein: Erst im Oktober dieses Jahres warnte der Weltbiodiversitätsrat IPBES, dass die Menschheit mit weiteren – und schwereren –  Pandemien rechnen müsse. Der Hintergrund: Krankheiten wie Sars, Ebola oder die Schweinegrippe entstehen vor allem dort, wo der Mensch in den Lebensraum von Wildtieren eindringt. Beim Kontakt mit ihnen können Erreger auf den Menschen überspringen und im neuen Wirt zum Supererreger mutieren. So geschehen mit SARS-CoV-2.

Aber wo entstehen solche Erreger? Und was erhöht das Risiko, dass sie sich weltweit ausbreiten?

Ein internationales Forscherteam von der Universität Sydney hat nun erstmals eine Weltkarte der möglichen, internationalen Pandemie-Hotspots erstellt. Für ihre Risikobewertung haben die Wissenschaftler drei Risikofaktoren kombiniert: Die Intensität der Kontakte von Menschen mit Haus- und Wildtieren, den Anschluss der Region an die Welt via internationale Flughäfen – und die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems.

Südostasien und Subsahara-Afrika im Fokus

Die für die Weltgesundheit problematischten Regionen liegen demnach in Süd- und Südostasien und im Afrika südlich der Sahara. Etwa 40 Prozent der Städte mit den meistfrequentierten Flughäfen befinden sich in der Nähe von möglichen Übertragungsstätten. Und bis zu 20 Prozent dieser Städte verfügen nur über eine mangelhafte Gesundheitsversorgung.

Die Autoren hoffen, dass ihre Daten dazu beitragen können, das Risiko für die Entstehung von Pandemien zu senken – indem genau dort, wo alle drei Faktoren zusammentreffen, die medizinische Versorgung verbessert wird. Bessere Diagnosemöglichkeiten vor Ort und die Möglichkeit, eine Ausbreitung effektiv zu verhindern, sei zukünftig entscheidend, um die Entstehung von Pandemien zu verhindern, so die Wissenschaftler.

Die Forscher betonen, dass ihre Studie nicht als Vorhersage gemeint ist, wo genau die nächste Pandemie entsteht. Sie weisen auch darauf hin, dass die Grundannahmen notwendigerweise vereinfacht sind. Als Indikator für den Zustand des Gesundheitssystems etwa verwendeten sie Daten zur Kindersterblichkeit.

Weltbiodiversitätsrat warnt vor weiteren Pandemien

Der Weltbiodiversitätsrat IPBES hatte im Oktober 2020 in einem Report gewarnt, dass vor allem dort, wo der Mensch in ursprüngliche Natur mit hoher Biodiversität vordringt, aggressive Erreger entstehen können. Auch Haustiere können als Zwischenstationen eine Rolle spielen. Rodungen von ursprünglichem Wald, Wilderei und Handel mit Wildtieren sind den Forschern zufolge zwar nicht die einzigen, aber wichtige Treiber bei der Entstehung von Superviren.

Wissenschaftler rechnen mit rund 1,7 Millionen unentdeckten Viren, die in Säugetieren und Vögeln leben. Und von denen bis zu 827.000 auf Menschen übertragbar sein könnten. Jedes Jahr entstehen demnach fünf solcher Krankheiten. Jede von ihnen hat das Potenzial, eine Pandemie auszulösen.

„Ohne vorbeugende Strategien“, so heißt es in dem IPBES-Report, „werden Pandemien häufiger auftreten, sich schneller ausbreiten, mehr Menschen töten und die Weltwirtschaft verheerender treffen als jemals zuvor.“

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