FRAUCHEN GUT IM GESCHÄFT Mein Hund ist ein Instagram-Star!

25.11.2019 12:59

Selfie im Weinberg: Nicole Lenhardt (27) mit ihrem Wolfshund Milo

Stuttgart - Diese Stars sind tierisch erfolgreich!

Etwas Besseres als Milchreis an kalten Tagen gibt es nicht. In eine warme Decke gehüllt hält Frauchen Nicole (27) die warme Schüssel mit der Werbebotschaft in die Kamera und strahlt ihre mehr als 54 000 Instagram-Follower an. Milo, ihr pelziger Wolfshund, sitzt brav zum Kuscheln bereit. Er hat bestimmt schon das getreidefreie Hundefutter in seinen Napf bekommen, das „Nici“ zwei Tage zuvor bei Instagram angepriesen hat. Und bald schon kann er sich durch den Hunde-Adventskalender futtern, den es beim Discounter gibt, wie Nicole Lenhardt weiß.

Mit Hilfe ihres treuen Vierbeiners, mit täglichen Fotos, Filmchen und natürlich mit Werbepartnern ist die Stuttgarterin über die Internet-Plattformen so erfolgreich geworden, dass sie vor kurzem ihren Job aufgegeben und sich selbstständig gemacht hat!

Als „Petfluencer“ (Pet: englisch für Haustier) unterhalten Katzen und Hunde wie Milo, aber auch Pferde, Hasen und sogar Igel und Insekten Millionen sogenannter Follower weltweit.

Hier ein Terrier mit neuer Wurmkur, dort eine schlafende Katze oder ein Mops mit einem Leckerlibeutel aus Samt - „Menschen wollen ihren Alltag positiv aufladen. Sie suchen Zerstreuung und einen Zeitvertreib“, sagt Jonas Wolf von Pulse, einer Hamburger Agentur für Influencer-Marketing. Und da die gelegentlich eingestreute Werbung bei Instagram als solche kenntlich gemacht werde, gebe es auch kaum versteckte Kommerzfallen.

Und noch ein Foto: Für den Schnappschuss bekommt Hund Milo ein Leckerli

Nicht immer aber sind die Fotos so artgerecht wie bei Lenhardt und ihrem Wolfshund, meistens sind die Tiere in Szene gesetzt - sehr zum Ärger der Tierschützer: „Es ist eine Grenze erreicht, wenn man Tiere vermenschlicht, wenn man sie verkleidet und das auch zur Belustigung macht“, sagt Tierärztin Moira Gerlach vom Tierschutzbund.

In vielen Fällen seien Qualzuchten und vergleichsweise hässliche Tiere bei Instagram erfolgreich: „Diese Tiere leiden unter vorstehenden Zähnen oder starren Blicken, sie kriegen schlecht Luft und normal kauen können sie auch nicht“, sagt Gerlach.

Dennoch macht der Erfolg bei den Followern sie als Werbeträger so begehrt, dass sich eine ganze Branche aus Agenturen und Beratern etabliert hat. Während Lenhardt und Milo bereits zu den größeren Petfluencern auf dem deutschen Markt gehören, sind vor allem die Tiere auf dem US-amerikanischen Markt die Superstars der Szene. Zwergspitz Jiffpom stellt mit seinen 9,6 Millionen Followern alles in den Schatten, er hat wie einige andere bereits eine eigene Merchandising-Kollektion. Der Einsatz zahlt sich aus: Nach Schätzungen kann sein Frauchen mit jedem Instagram-Post zwischen 45 000 und 150 000 Dollar (41 000 und 135 000 Euro) umsetzen.

Ähnliche Summen sind in Deutschland mit den Accounts der Dackel, Siamkatzen oder Meerschweinchen nicht annähernd zu machen: „Das ist kein Markt, auf dem sich schnell Geld verdienen lässt“, sagt André Karkalis, Gründer der Petfluencer-Marketing-Agentur Tony. Aber die Szene wächst.

Einer der deutschen Topstars war der Weißbauchigel Mr. Pokee aus Wiesbaden, den seine Besitzerin Talitha Girnus nach seinem Tod durch den Igel Herbee ersetzte. Herbee tritt nun immer an der Seite der Bengalkatze Audrey auf, zuletzt am Wochenende in Stuttgart beim 1. PetSummit im Rahmen der Messe Animal. Angestachelt durch den Erfolg ihres Igels gründete Girnus vor drei Jahren ein Merchandising-Unternehmen, über das sie online unter anderem Kalender verkauft.

Dieses Unternehmen baut ebenso wie Lenhardt auf Instagram und die Zahl der Follower. Wie man die bekommt? „Man muss sich immer wieder neu erfinden, man muss authentisch sein dabei, auch mal etwas Privates verraten und vor allem nicht zu viel und nicht zu platt werben“, sagte Lenhardt.

„Follower müssen sich mit Dir identifizieren können.“ Wochenlang teste sie zudem alles, bevor sie es empfehle. Und von den Produkten sei sie überzeugt. „Ich nehme nur eine von zehn Anfragen an.“

Quelle