Geschlecht ändern soll leichter werden: Das sind die Ampel-Pläne für Transmenschen

01.07.2022 13:28

Transmenschen sollen künftig ihren amtlichen Geschlechtseintrag und ihren Vornamen deutlich leichter ändern können als bisher. Dafür will die Bundesregierung mit einem Selbstbestimmungsgesetz sorgen. So sehen die Ampel-Pläne aus.

Viele Jahre haben Betroffene und ihre Unterstützer dafür gekämpft, nun soll das umstrittene Transsexuellengesetz tatsächlich abgeschafft werden. Die Ampel-Koalition will stattdessen mit einem Selbstbestimmungsgesetz dafür sorgen, dass eine einfache Erklärung beim Standesamt ausreicht, um Geschlechtseintrag oder Vornamen zu ändern. Betroffene sollen außerdem vor einem ungewollten Outing geschützt werden.

Welche Regelung gilt bisher für Transmenschen?

Das aus dem Jahr 1980 stammende Transsexuellengesetz sieht vor, dass Betroffene für eine Änderung des Geschlechts- oder Vornamenseintrags zwei psychologische Gutachten einreichen müssen. Am Ende entscheidet dann das zuständige Amtsgericht. Das Gesetz ist seit Langem umstritten; Teile der Vorschriften wurden vom Bundesverfassungsgericht verworfen. Betroffene kritisieren das Verfahren als langwierig, teuer und entwürdigend.

Was soll künftig gelten?

Volljährige Transmenschen sollen mit einer einfachen Erklärung beim Standesamt die gewünschten Änderungen erreichen können. Laut Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) wird es dazu vermutlich ein standardisiertes Formular geben. Nach der Änderung werden auch amtliche Dokumente wie der Reisepass entsprechend umgeschrieben. Die Erklärung beim Standesamt muss nicht mit Gutachten oder ausführlichen Erläuterungen flankiert werden und ist unabhängig davon, inwieweit sich der oder die Betroffene zu geschlechtsangleichenden Eingriffen entscheidet.

Was ist mit Menschen unter 18?

Bei Kindern unter 14 sollen die Eltern die nötige Erklärung beim Standesamt einreichen können. Jugendliche ab 14 können dies selbst tun, allerdings nur mit Einverständnis der Eltern. Gibt es hier innerfamiliäre Konflikte, kann das Familiengericht eingeschaltet werden. Die Eckpunkte von Buschmann und Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) sehen außerdem vor, dass die Beratungsangebote für betroffene Familien verbessert werden.

Was ist mit Intersexuellen?

Menschen, deren Geschlechtsmerkmale keine eindeutige Zuordnung zu den Kategorien Mann oder Frau zulässt, können bereits heute ihre Einträge beim Standesamt leichter ändern lassen als Transmenschen, die sich einem anderen Geschlecht zugehörig fühlen, als in ihrer Geburtsurkunde steht. Bei Intersexuellen reicht ein ärztliches Attest oder eine eidesstattliche Versicherung, die beim Standesamt vorgelegt werden müssen. Künftig sollen für sie die gleichen Regeln gelten wie für Transmenschen.

Wie oft kann der Geschlechtseintrag oder Vorname geändert werden?

Eine zahlenmäßige Begrenzung ist nicht vorgesehen. Allerdings soll es eine Sperrfrist von einem Jahr geben — erst danach ist eine erneute Änderung möglich. "Dies dient dem Übereilungsschutz und soll die Ernsthaftigkeit des Änderungswunsches sicherstellen", heißt es in dem Eckpunktepapier.

Was steht noch in dem Papier?

Es soll ein "bußgeldbewehrtes Offenbarungsverbot" geben - gemeint ist damit, dass es untersagt wird, gegen den Willen eines Transmenschen dessen früheres Geschlecht oder den früheren Vornamen offenzulegen. Wer dies dennoch tut, muss mit einem Bußgeld rechnen. Es gehe darum, ein "Zwangs-Coming-out" zu verhindern, sagte Paus.

Welche Fragen sind noch offen?

Für Opfer der früheren gesetzlichen Regelungen soll es Entschädigung geben, die Details sind aber noch unklar. Geplant sind laut dem Eckpunktepapier "Anerkennungsleistungen für trans- und intergeschlechtliche Personen, die aufgrund früherer Gesetzgebung von Körperverletzungen oder Zwangsscheidungen betroffen sind".

Vorgesehen ist auch eine "Interimslösung" für transgeschlechtliche Elternteile. Hier geht es um die Frage, inwiefern die Geburtsurkunde eines Kindes geändert wird, wenn ein Elternteil Geschlechtseintrag oder Namen ändern lässt. Letztgültig klären will die Ampel-Koalition dies bei der geplanten Reform des Abstammungsrechts, die aber noch auf sich warten lässt. Die Änderung eines geschlechtsspezifischen Familiennamens wiederum soll mit der ebenfalls im Koalitionsvertrag vereinbarten Namensrechtsreform geregelt werden.

Wie geht es weiter?

Laut Paus soll der Entwurf des Selbstbestimmungsgesetzes vor Jahresende im Bundeskabinett verabschiedet werden. Danach befasst sich der Bundestag damit. Im Bundesrat wird das Gesetz nach Paus' Angaben. nicht zustimmungspflichtig sein.

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