Österreichs Ex-Kanzler Sebastian Kurz will nicht an der Postenvergabe bei der Staatsholding Öbag beteiligt gewesen sein. Doch nun belastet sein ehemaliger Vertrauter und Öbag-Chef den Angeklagten.
Tag fünf im Prozess gegen Österreichs Ex-Kanzler Sebastian Kurz. Heute im Zeugenstand: Der frühere Kurz-Vertraute Thomas Schmid. Es geht um die Frage, wie sehr Kurz an der Postenbesetzung bei der Staatsholding Öbag beteiligt war. "Es war ganz klar ein System, bei dem solche wichtigen Personalentscheidungen sehr engmaschig abgestimmt wurden – und das heißt, sie haben sich nicht nur informieren lassen, sondern mitgeredet", sagte der Zeuge am Montag bei seiner Vernehmung im Landgericht in Wien. Bei der Vorlage von Namen für den Öbag-Aufsichtsrat habe es vonseiten des damaligen Regierungschefs und seines Teams ein Ja oder Nein gegeben. "Das ist ein Vetorecht gewesen."
In dem Prozess ist Österreichs ehemaliger Kanzler wegen mutmaßlicher Falschaussage angeklagt. Als Regierungschef soll er die Strippen bei der Postenbesetzung der milliardenschweren Öbag gezogen haben, die die staatlichen Unternehmensanteile verwaltet. Die Vernehmung von Schmid gilt als besonders wichtige Weichenstellung in dem Verfahren. Der 48-Jährige war von 2019 bis 2021 Chef der Staatsholding Öbag. Bei seiner Berufung soll Kurz als damaliger Regierungschef eine aktive Rolle gespielt haben. Der Ex-Kanzler und seine Anwälte bestreiten das vehement. Kurz sei informiert, aber nie involviert gewesen, heißt es. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wirft ihm vor, seine Rolle in seiner Aussage im parlamentarischen Ibiza-Untersuchungsausschuss 2020 kleingeredet zu haben.
Schmid war Staatssekretär im österreichischen Außenministerium, wo er Sebastian Kurz kennenlernte. Anschließend leitete Schmid das Kurz-Kabinett, ehe er im April 2019 Chef der Öbag wurde. Schmid zählte mit zu den engsten Kurz-Vertrauten. Gegen ihn wird auch in anderen Verfahren ermittelt. Er strebt den Kronzeugenstatus an.
Unterstützung von Sebastian Kurz
In der Vernehmung betonte er, mit Sebastian Kurz nichts mehr zu tun zu haben. Kurz habe ihn unterstützt, als Schmid selbst Öbag-Chef werden wollte. Er habe "die Unterstützung von Herrn Kurz, ich war mir sicher, er will mich dort sehen und er wird mich sicher unterstützen". Sollte das nicht klappen, wollte Schmid einen Spitzenposten in der insolventen Signa-Gruppe von René Benko annehmen. Am Ende schaffte es Schmid an die Spitze der Öbag.
Neben Schmid gab es noch weitere Anwärter auf die Spitzenposition, wie die Richter in Wien anhand von Chat-Nachrichten nachzeichneten. Es sei allerdings undenkbar gewesen, den Posten zu verteilen, ohne dass der damalige Kanzler davon gewusst und darüber abgestimmt habe, sagte Schmid im Gerichtssaal. Doch die wurden allesamt aus unterschiedlichen Gründen abgelehnt.
Aus einem Nachrichtenwechsel mit Kurz geht hervor, dass der Ex-Kanzler Schmid unterstützt hat. "Kriegst eh alles, was du willst", hatte Kurz an Schmid gerichtet geschrieben. Der Angeklagte behauptet, dass es sich dabei um Kritik an Schmid gehandelt habe, der immer seinen Willen durchgesetzt habe. Schmid widerspricht: Die Nachricht sei ein Versprechen gewesen. Das legt auch eine SMS nahe, die die Richter verlesen. Darin bedankte sich Schmid nach seiner Beförderung. Dass Kurz ihm die Chance gegeben habe, sich "zu beweisen, sei grenzgenial". Ohne den Rückhalt hätte Schmid den Posten nicht bekommen.
Österreichs Ex-Kanzler zuversichtlich
Der angeklagte Ex-Kanzler zeigte sich vor den Verhandlungen zuversichtlich: "Ich glaube, dass der heutige Tag einigen die Augen öffnen wird, mit welchen Methoden hier gearbeitet wird", sagte der 37-Jährige. In dem Prozess sind demnächst noch die ehemaligen Finanzminister Gernot Blümel und Hartwig Löger geladen