Höchste Flut seit 500 Jahren - Merkel verspricht Millionen-Hilfe

27.12.2017 21:10

Flut und Verderben: Die Wasserwelle rollt Donau und Elbe hinab. Die Schäden sind enorm. Kanzlerin Merkel packt in Sachsen Sandsäcke an und verspricht in Bayern Millionenhilfen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den Flutopfern bei einem Besuch in den Hochwassergebieten mindestens 100 Millionen Euro für schnelle Hilfen versprochen. Angesichts der größten Donau-Flut seit mehr als 500 Jahren sagte die Kanzlerin in Passau: "Wir haben gedacht, 2002 war die Lage schon exorbitant." Jetzt sei sie aber noch dramatischer. Auch im Osten Deutschlands überschwemmten Flüsse viele Dörfer und Städte. Bundespräsident Joachim Gauck dankte den Nothelfern.

DONAU: In Passau war der Pegelstand in der Nacht zum Dienstag nach Behördenangaben auf 12,89 Meter gestiegen. Das war die größte Flut seit 1501. Bei der sogenannten Jahrhundertflut im Jahr 2002 wurden 12,20 Meter gemessen. Der Scheitelpunkt der Flut floss dann Richtung Österreich, Slowakei und Ungarn ab, wo weitere Schäden befürchtet wurden. Stadt und Landkreis Regensburg - an der Donau oberhalb von Passau - gaben angesichts steigender Wasserstände neuen Katastrophenalarm.

ELBE: In Sachsen-Anhalt und Niedersachsen wuchs die Furcht vor einer gewaltigen Elbe-Flut. Magdeburg erwartete nach Angaben der Stadt einen Pegelstand von 6,90 Metern. Normal seien knapp 2 Meter. Flussauf waren die Elbe und ihre Zuflüsse vielerorts schon über die Ufer getreten. In Halle kämpften Hunderte Einsatzkräfte und Soldaten um die Deiche an der Saale. "Die Dämme sind sehr aufgeweicht", sagte Oberbürgermeister Bernd Wiegand.

EVAKUIERUNGEN: In Bitterfeld-Wolfen sollten 10.000 Menschen ihre Wohnungen verlassen, weil der Goitzschsee nach einem Deichbruch im sächsischen Löbnitz überzulaufen drohte. Der Chemiepark Bitterfeld mit mehr als 12.000 Arbeitsplätzen wurde nach Angaben einer Sprecherin mit einem zusätzlichen Damm gesichert. Geräumt wurden auch die Dörfer Sollnitz und Kleutsch an der Mulde bei Dessau-Roßlau. In Dresden, wo die Elbe vom normalen Pegelstand von 2 Metern auf 7,37 Meter anschwoll, wurden weitere Evakuierungen vorbereitet.

HILFEN: Merkel sagte den Flutopfern in Deutschland Soforthilfe vom Bund von 100 Millionen Euro zu. Nach einem Hubschrauberflug über Passau erklärte die Kanzlerin: "Wenn Bayern heute kommt und mehr Geld braucht, lassen wir mit uns reden." Auch SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sprach sich für staatliche Hilfen aus. In Bayern und im Bund wird im September gewählt. Viele Gemeinden und Organisationen haben Spendenkonten eingerichtet. Die EU will Deutschland, Österreich und Tschechien mit dem Europäischen Solidaritätsfonds helfen.

HELFER: Tausende Einsatzkräfte von Feuerwehr, Rettungsdiensten, Technischem Hilfswerk und Soldaten der Bundeswehr schütteten Dämme auf, füllten Sandsäcke, holten Flutopfer aus überschwemmten Orten und Häusern. Merkel ließ sich fotografieren, wie sie vor der Feuerwache in Pirna beim Verladen von Sandsäcken half. Bundespräsident Joachim Gauck sprach den Betroffenen Mut zu und dankte den Helfern. "Zusammen schaffen wir das!", sagte er nach Angaben des Präsidialamtes in Berlin.

TODESOPFER: Deutschlandweit kamen im Hochwasser mindestens vier Menschen ums Leben. Bereits am Donnerstag war in Niedersachsen eine Radfahrerin ertrunken, die auf einer wegen Überflutung gesperrten Straße gestürzt war. In Baden-Württemberg verloren drei Menschen ihr Leben, unter ihnen ein Feuerwehrmann.

URSACHEN: Politiker und Experten diskutierten über mögliche Ursachen extremen Hochwassers. Solche Fluten ließen sich nie völlig vorhersagen, meinte der Hydrologe Maik Heistermann von der Uni Potsdam. Der Meteorologe Gerhard Lux vom Deutschen Wetterdienst sagte, langer Dauerregen im Frühling oder Sommer nehme statistisch gesehen nicht zu. Der Wasser-Experte Sebastian Schönauer vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland meinte, die Hochwasserkatastrophe wäre weniger schlimm ausgefallen, wenn den Flüssen in den vergangenen Jahren mehr natürlicher Raum gegeben worden wäre.

WIRTSCHAFT: Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler will am Mittwoch mit fünf Spitzenverbänden der Wirtschaft über rasche Hilfen für betroffene Betriebe sprechen. Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner kündigte zusätzliches Geld für Bauern an. Das Hochwasser dürfte allein an Straßen und Schienen Schäden von mehr als 100 Millionen Euro verursacht haben. "Ich rechne mit Kosten im dreistelligen Millionenbereich", sagte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer. Für genaue Zahlen sei es noch zu früh.

NACHBARLÄNDER: In Österreich, der Slowakei und Ungarn stand der höchste Stand des Donau-Hochwassers noch bevor. In Österreich wurden 11,15 Meter hohe Schutzwände errichtet. In Tschechien erreichte die Moldau ihren höchsten Stand. Die Lage dort wurde als sehr ernst beschrieben. Auch steigendes Grundwasser bedrohte die historischen Gebäude. Der U-Bahn-Verkehr blieb eingestellt.

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