Für SUV-Fahrer sollen die Parkgebühren in Paris ab September verdreifacht werden. Das entschieden die Bürger der französischen Hauptstadt in einer Abstimmung. Das sagt die deutsche Presse zu der drastischen Preiserhöhung.
Eine knappe Mehrheit der Pariser hat sich am Sonntag für eine deutliche Erhöhung der Parkgebühren für Stadtgeländewagen ausgesprochen. Zukünftig sollen SUV-Fahrer für einstündiges Parken im Zentrum 18 statt 6 Euro und in den Außenbezirken 12 statt 4 Euro zahlen. Betroffen sind Verbrenner- und Hybridmodelle mit einem Gewicht ab 1,6 Tonnen und Elektromodelle ab zwei Tonnen. Der Sondertarif gilt für Besucher der Stadt, während Anwohner, Handwerker und Pflegedienste davon ausgenommen sein sollen. Ein Zeichen im Sinne des Klimaschutzes oder Abzocke von Touristen? Das sagt die deutsche Presse:
"Ob mehr Raum für den Verkehr im Allgemeinen geschaffen wird, ist zweifelhaft"
"Neue Osnabrücker Zeitung": "Wer nach Flächenverbrauch geht, bestraft nicht nur den SUV-Fahrer, sondern auch die Familie, die ihren Kombi vor der Tür stehen hat. Eine Fahrzeugklasse zu verbannen, wird die Probleme nicht ansatzweise lösen. Und wie die Regelung umgesetzt werden soll, ist unklar. Wirklich verbannt werden SUV aus Paris auch nicht: Die Regelung gilt etwa nicht für private Parkhäuser. Sinnvoller wäre es, an Stellschrauben zu drehen, die wirklich eine Veränderung bewirken können: Mehr autofreie Bereiche und vor allem bequemere Möglichkeiten, ohne Auto die europäischen Großstädte zu erreichen. Günstige Parkplätze mit einer guten Anbindung durch Busse und Bahnen wäre hilfreicher, als mit Symbolpolitik letztlich nichts zu verändern."
"Leipziger Volkszeitung": "Es gibt durchaus Argumente für eine stärkere Regulierung von SUVs. Wegen ihrer Größe beanspruchen sie viel mehr Platz im öffentlichen Raum. Hinzu kommt, dass viele Modelle mehr Sprit als herkömmliche Pkw verbrauchen. Die Erhöhung der Parkgebühren im Innenstadtbereich kann ein Werkzeug für die Verkehrswende sein. Ob dadurch aber mehr Raum für den Verkehr im Allgemeinen geschaffen wird, ist zweifelhaft. Denn Menschen, die sich teure SUVs leisten können, werden auch höhere Parkgebühren zahlen können. Mit ihrem Beitrag würden sie aber mehr Geld in die Kassen der Kommunen spülen, wovon sich wiederum Radwege bauen lassen."
"Frankenpost" (Hof): "Verantwortlich zu handeln, heißt auch, sich bewusst zu werden, was man mit dem Kauf eines 'Geländewagens' bewirkt. Und dieses Bewusstsein steigt, wenn man wie in Paris für einen Nachmittag SUV-Parken 225 Euro zahlen muss."
"Südwest Presse" (Ulm): "Natürlich ist es sinnvoll, den Raum in Städten anders aufzuteilen. Die Mobilität der Menschen verändert sich. Es gibt mehr Räder, E-Tretroller, digitale Sammeltaxis. Doch es bringt wenig, an einer Stellschraube zu drehen und dabei eine Gruppe von Menschen zu diskriminieren. Es braucht ein ganzheitliches Konzept. Dazu gehört, Wohnungsbau, Verkehrsplanung in der Stadt und dem Umland zusammenzudenken und nicht Auto- und Radfahrer, Stadt- und Landbewohner gegeneinander auszuspielen."
"Kein Mensch braucht einen SUV"
"Nürnberger Nachrichten": "Die Pariser Bevölkerung hat per Abstimmung entschieden: SUV-Fahrer werden bald kräftig zur Kasse gebeten. Man könnte nun einstimmen in den Kanon verstimmter Geländewagen-Lenker, die sich in ihrer Freiheit beeinträchtigt sehen. Man könnte (und sollte) die Debatte als Teil des seit langem laufenden Verteilungskampfes um den knappen Platz in Großstädten begreifen. Denn darum geht es: Welche Verkehrsteilnehmer haben künftig in den Zentren Vorfahrt? Fußgänger, Radfahrer, Pkw-Besitzer? Derzeit befinden wir uns in einem Übergangsstadium. Seit langem gibt es Bestrebungen, die Zahl der Autos in Innenstädten zu begrenzen. Die vielen Park-&-Ride-Angebote am Stadtrand sind Ausdruck davon, die steigenden Parkgebühren in der City ebenso. Bei der Ausgestaltung enden die Gemeinsamkeiten zwischen den Parteien jedoch rasch."
"Rhein-Neckar-Zeitung" (Heidelberg): "Jetzt sind die schweren Personenwagen dran, die offensichtlich auch als Stromer immer noch stören. Zumindest die, die nicht drinsitzen. Die Verdreifachung der Parkgebühren dient ja dem Ziel, die Innenstädte autofrei zu machen. So weit, so anheimelnd. Doch heißt autofrei zugleich bürgerfreundlicher? Klar, wer jung ist, hievt locker 40 Kilogramm Gepäck aufs Lastenrad (das ja in manchen Fällen schon das Volumen eines Kleinwagens ausfüllt) und radelt die steilsten Hänge bei Wind und Wetter hoch. Nach dem ersten Bandscheibenvorfall, im gehobenen Alter oder auf dem Land sieht die Sache aber schon ganz anders aus. In all diesen Fällen hat das Auto noch lange nicht ausgedient. Auch der SUV nicht, der beim älteren Publikum vor allem deshalb so beliebt ist, weil hier die Ideologiephase meist schon abgeschlossen ist und das praktische Denken Oberhand gewinnt. Liest sich böse. Ist es aber nicht."
"Südkurier" (Konstanz): "Kein Mensch braucht einen SUV. Es gibt familienfreundlichere Autos, es gibt geräumigere Autos, es gibt geländegängigere Autos. Sollen wir diesen Fahrzeugtypus also ganz besonders verteufeln, aus Städten verbannen? Eben nicht. Da fahren wir mit Vollgas in eine ideologische Sackgasse. Denn ob jetzt jemand mit dem Smart zum Shoppen fährt oder mit dem SUV, das macht nicht den Unterschied. Die echte Frage in Städten ist doch: Auto oder kein Auto? Jaja, bei den teuflischen Reizworten 'autofreie Innenstadt' stellen sich bei manchem gleich die Nackenhaare auf. Ist aber auch dumm formuliert. Klingt nach Verdrängung, Bestrafung. Aber was ist das eigentliche Ziel? Die stressfreie Innenstadt, die grüne, schöne. Weniger Autos, mehr Erholung. Positiv müssen wir die Debatte führen. Wer je am Wochenende in eine gut an den Nahverkehr angeschlossene Stadt gefahren ist, keine 20 Euro fürs Parken gezahlt hat, keine Stunden im Stau stand, der merkt: Es gibt eine Freiheit, die nicht auf vier Rädern rollt."