Klimawandel in Deutschland: Das kommt auf uns zu

06.12.2018 16:10

Auch vor der Haustür findet der Klimawandel statt. Wir zeigen fünf Beispiele

In diesem Artikel

1. Schlechte Zeiten für Asthmatiker und Allergiker
2. Mehr Hochwasser und Sturmfluten
3. Dem Wald wird es zu heiß
4. Grüne Pisten und Gedrängel an der Ostsee
5. Das wird teuer - auch für Versicherungen

1. Schlechte Zeiten für Asthmatiker und Allergiker

Schon der Anstieg der Durchschnittstemperatur um wenige Zehntelgrad kann weit reichende Folgen für unsere Gesundheit haben – direkte und indirekte

Vor allem Kinder, ältere und kranke Menschen werden zunehmen unter extremer Hitze im Sommer leiden – vor allem in den Städten, deren künstliche Felslandschaften die Strahlungswärme speichern. Und in der Nacht abgeben. Tropische Nächte mit Temperaturen über 20 Grad Celsius werden wir im Asphaltdschungel häufiger erleben. Experten schätzen, dass es zwischen 2071 und 2100 in Deutschland jedes Jahr 5000 hitzebedingten Todesfälle mehr geben wird.

Auch die Tierwelt reagiert auf steigende Temperaturen – und beginnt zu wandern. So werden Exoten wie die asiatische Tigermücke über kurz oder lang bei uns heimisch werden. Und mit ihnen Erreger wie das Dengue-Virus. Zecken werden länger aktiv sein – und vermehrt gefährliche Krankheiten wie Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) oder Borreliose übertragen.

Auch Allergiker und Asthmakranke werden die Klimaerwärmung zu spüren bekommen. Denn die Pollensaison beginnt immer früher und dauert immer länger an. Höhere Temperaturen werden auch die Ausbreitung von Pflanzen vorantreiben, die Allergien auslösen können. Ein Beispiel: Die aus Nordamerika stammende Beifuß-Ambrosie (Ambrosia artemisiifolia). Sie blüht bis in den September hinein und kann den so genannten Spätsommerheuschnupfen auslösen.

An heißen Tagen werden uns zudem erhöhte Feinstaub- und Ozonwerte zu schaffen machen. Die starke Sonneneinstrahlung im Hochsommer wird das Risiko von Sonnenbränden zunehmen. Und damit von Hautkrebs.

2. Mehr Hochwasser und Sturmfluten

Durch den Meeresspiegelanstieg und häufigere Stürme wird es an den Küsten zunehmend ungemütlich

Durch die ansteigenden Temperaturen wird es langfristig in Deutschland im Sommer weniger regnen. Das kann regional zu Dürren führen, vor allem in Gegenden, in denen der Boden nicht viel Feuchtigkeit speichern kann. In Flüssen kann es öfter zu niedrigen Pegelständen kommen – die dann die Flussschiffahrt behindern.

Im Winter dagegen wird es nicht nur mehr Niederschläge geben. Der Schnee wird immer öfter als Regen fallen. Da der nicht, wie im Schnee und Eis, gespeichert werden kann, steigt die Hochwasser-Gefahr entlang von Flüssen. An der Elbe etwa soll die Rückverlegung von Deichen im Krisenfall für Entlastung sorgen. Der Aufwand lohnt sich: Allein das Elbe-Hochwasser im August 2002 verursachte Schäden in Höhe von 9,4 Milliarden Euro.

Auch Städte müssen sich Zukunft für Starkregen wappnen. Schon heute verhindern versiegelte Flächen ein schnelles Versickern der Regenmassen im Boden.

Küsten in Gefahr

Jahrhundert-Fluten, die bislang alle 350 Jahre auftraten, könnten sich in Zukunft etwa alle 100 Jahre ereignen. Und das mit mehr Wucht – auch an der Ostseeküste. Hier soll, Experten zufolge, die Windgeschwindigkeit von Winterstürmen bis Ende des Jahrhunderts um 14 Prozent zunehmen. An der Nordseeküste könnten bis zum Jahr 2100 Sturmfluten um 30 bis 80 Zentimeter höher auflaufen als heute. Auch darum gilt in Schleswig-Holstein schon heute der „Klimazuschlag“. Neue Deiche werden hier grundsätzlich 50 Zentimeter höher gebaut als bislang üblich.

Was in Bangladesh schon heute für die Bauern eine existenzielle Gefahr ist, könnte uns auch treffen, wenn auch in abgemilderter Form. Der steigende Meeresspiegel und häufigere Sturmfluten werden dafür sorgen, dass mehr Salzwasser ins Grundwasser eindringt oder Oberflächengewässer verunreinigt. Für die Landwirtschaft an der Küste ein ernstzunehmendes Problem.

3. Dem Wald wird es zu heiß

Wälder leisten uns wichtige Dienste. Umso schlimmer, wenn sie infolge des Klimawandels schwächeln

Wälder liefern Holz, bieten Wildtieren Schutz und uns Menschen Erholung, speichern Niederschläge und regulieren kleinräumig das Klima. Doch je wärmer es wird, desto schlechter können sie all diese Funktionen ausüben. Dafür sind vor allem veränderte Niederschlagsmuster verantwortlich. Bis 2050, erwarten Experten, werden die Niederschläge in den Sommermonaten um ein Viertel geringer ausfallen als heute. Im Herbst und im Winter dagegen werden sie um ein Viertel zunehmen.

Schon heute kämpfen die Wälder im Südwesten Deutschlands mit der sommerlichen Hitze. Während Wälder im Osten dursten. Die Fichte, die häufigste Baumart in Deutschland, trifft es besonders hart. Sie ist ursprünglich in den höheren, kühlen Lagen der Gebirge heimisch. Und kann sich nun an die Hitze und Trockenheit des Flachlandes nicht anpassen.

Bei langer Trockenheit steigt außerdem die Waldbrandgefahr. Und dank der milden Wintertemperaturen können sich Forstschädlinge wie der Borkenkäfer schneller ausbreiten.

Schädlinge wie das Falsche Weiße Stengelbecherchen werden sich weiter ausbreiten. Der Pilz mit dem merkwürdigen Namen ist für das so genannte Eschensterben verantwortlich.

4. Grüne Pisten und Gedrängel an der Ostsee

Höhere Temperaturen? Gar nicht übel, mag manch ein Ostsee-Urlauber denken. Aber die Temperaturerhöhung hat für Touristen auch Nachteile

Experten rechnen damit, dass die Sommersaison um 2100 rund 60 Tage länger dauern könnte als heute. Was bis zu einem Drittel mehr Touristen an deutsche Küsten locken wird. Unter anderem, weil die klassischen Urlaubsorte am Mittelmeer im Sommer einfach zu heiß werden sein. Das heißt: Es wird eng an der Ostsee. Schon heute sind einige Badeorte im Sommer ausgebucht, die Ver- und Entsorgungsbetriebe stoßen an ihre Leistungsgrenzen.

Grundsätzlich sind wärmere Badetemperaturen und eine längere Badesaison ja wünschenswert. Allerdings: Je höher die Temperaturen von Binnengewässern und Ostsee, desto größer die Wahrscheinlichkeit von Blaualgenblüten. Hervorgerufen werden sie durch Cyanobakterien - die zahlreiche Giftstoffe produzieren und Hautreizungen und Magen-Darm-Erkrankungen auslösen können. Auch im Meerwasser begünstigen hohe Temperaturen das Wachstum von Algen, Bakterien, Seegras und Quallen. Keine schöne Aussicht für Strandurlauber. Am Meer könnten häufigere Sturmfluten und Hochwasser das Badeleben zum Erliegen bringen – und ganze Strände abtragen.

Wintersport ohne Winter

Schon seit einem halben Jahrhundert ist es mit der Schneesicherheit in den Mittelgebirgen und in den tieferen Lagen der Alpen nicht mehr weit her. Denn Schneefälle fallen geringer aus und die Schneedecke bietet im kürzer sicheren Wintersport-Spaß. Bis zum Jahr 2100, befürchten Klimaforscher, könnten die Alpen komplett eisfrei sein.

Um das gewohnte Skivergnügen zu ermöglichen, müssen immer öfter Schneekanonen her – die allerdings viel Energie schlucken. Um einen Hektar Piste zu beschneien, braucht eine Schneekanone so viel Strom wie ein durchschnittlicher Vier-Personen-Haushalt in fünf Jahren.

Darum müssen schon heute die klassischen Wintersportgebiete über alternative Freizeitangebote nachdenken – etwa Wandern und Mountainbiking.

5. Das wird teuer - auch für Versicherungen

Eine Branche, die sich ziemlich intensiv mit dem Klimawandel beschäftig, ist die Versicherungswirtschaft. Aus einem einfachen Grund. Sturmfluten, Hagel oder Hochwasser werden häufiger auftreten – und immer mehr und immer größere Schäden anrichten.

Im Jahr 2011 gingen in Deutschland bei einem Hagelsturm zahllose Gebäude zu Bruch. Der Schaden belief sich auf mehr als 280 Millionen Euro. Und im selben Jahr folgte noch ein ähnlich verheerender Sturm. Versicherungen stehen nun vor einem Problem. Denn solche Wetterereignisse sind nicht präzise vorhersagbar. Trotzdem müssen die Versicherungen die steigenden Risiken kalkulieren, um angemessene Versicherungsprämien zu berechnen.

Diskutiert wird zudem eine allgemeine Versicherungspflicht. So fordern Verbraucherzentralen und der Bund der Versicherten eine obligatorische Versicherung gegen Elementarschäden wie Hochwasser für alle Hausbesitzer.

So hätten die verheerenden Hochwasserereignisse der Jahre 2002 und 2013 gezeigt, dass Hauseigentümer ohne eine entsprechende, bezahlbare Absicherung vor dem finanziellen Ruin stünden.

Quelle