In den USA wurde eine Frau überfallen. Anschließend stahlen die Täter ihr das Auto – samt Kind. Bei der Suche nach dem Auto wollte die Polizei vom Hersteller die Position des Wagens. Die Fahndung scheiterte zunächst an einem abgelaufenen Abo.
Der Diebstahl neuerer Autos ist eigentlich eine heikle Angelegenheit – denn die modernen Fahrzeuge sind meist mit einem GPS-Sender ausgestattet, der es im Notfall ermöglicht, die genaue Position zu ermitteln. Das funktioniert aber nur, wenn Hersteller – beziehungsweise deren Dienstleister – mitspielen.
Eine besonders schlechte Erfahrung musste die Polizei in Libertyville, im US-Bundesstaat Illinois, machen. Auf Facebook teilte das "Sheriff's Office Lake County" den Fall. Demnach wurde eine 34-jährige Frau in ihrer Einfahrt überfallen. Nachdem sie zuhause geparkt hatte und eines ihrer zwei Kinder ins Haus gebracht hatte, hielt ein unbekanntes Fahrzeug davor an. Ein Mann stieg aus, um ihren Volkswagen Atlas, ein großes SUV, zu stehlen.
Kind blieb im geklauten Auto sitzen – Polizei flehte um Hilfe
Da sich im Fahrzeug noch ein zweijähriges Kind befand, verteidigte sich die Frau vehement, weshalb sie vom Angreifer mit Schlägen zu Boden gebracht wurde. Anschließend flohen die Täter mit beiden Autos, wobei sie die Frau rücksichtslos überfuhren und sie mit schweren Verletzungen zurückließen.
Die Frau rief trotz ihrer Schmerzen die Polizei und meldete, dass sich ein Kind im gestohlenen Auto befand. Sofort begann die Suche nach dem Fahrzeug. Da es sich bei dem VW Atlas um ein recht neues Fahrzeug handelte, rief die Polizei umgehend bei bei Volkswagen Car-Net an, dem zuständigen Anbieter für sämtliche mobile Dienste rund um das Auto – auch die Ortung.
Die Polizei schreibt: "Leider kam es zu einer Verzögerung, da Volkswagen Car-Net das Fahrzeug mit dem entführten Kind erst nach Eingang der Zahlung für die Reaktivierung des Ortungsgeräts in dem gestohlenen Volkswagen verfolgen wollte."
Ein Bericht der "Chicago Sun Times" führt aus, was passiert war. Die Probezeit für die Car-Net-Dienste war demnach abgelaufen – und die Person am anderen Ende der Hotline sagte, dass sie das Auto nicht tracken könne, bis das Abo reaktiviert, also bezahlt werde.
Obwohl der Polizist auf die "extrem dringlichen Umstände" aufmerksam machte und um Hilfe "flehte", kamen die Beamten um die Angabe einer gültigen Kreditkarte und die Zahlung von 150 US-Dollar nicht herum.
Der Vorgang dauerte so lange, dass es anderen Polizisten aufgrund eines Zeugen inzwischen gelungen war, das Auto – und das Kind – zu finden. Der Zeuge war es auch, der das Kind in seine Obhut nahm. Denn wie die Polizei berichtet, hatten die Täter das Kleinkind einfach auf einem Parkplatz nahe einer Hauptverkehrsstraße ausgesetzt und hätten dann die Flucht mit beiden Fahrzeugen fortgesetzt.
Kurioserweise fand die Polizei wenig später auch das gestohlene Auto, welches nun zur Beweissicherung bei der Dienststelle steht. Die überfallene Frau liegt mit schweren Verletzungen noch im Krankenhaus, ist aber laut Polizeibericht in einem stabilen Zustand.
Volkswagen untersucht den Vorfall, Täter weiter auf der Flucht
In einem Statement gegenüber "Ars Technica" und anderen Medien erklärte der Hersteller: "Volkswagen hat mit einem Drittanbieter für Car-Net Support Services ein Verfahren für Notfallanfragen von Strafverfolgungsbehörden eingerichtet. Dieses Verfahren wurde bei früheren Vorfällen erfolgreich durchgeführt. Leider gab es in diesem Fall einen schwerwiegenden Verstoß gegen das Verfahren."
Die "Chicago Sun Times" zitiert Volkswagen außerdem mit den Worten: "Volkswagen nimmt die Sicherheit seiner Kunden sehr ernst. Unsere Gedanken sind bei den Opfern und ihren Angehörigen. Wir klären die Situation mit den beteiligten Parteien."
Dieser offensichtliche Fall von menschlichem Versagen lässt die Polizei fragend zurück. Normalerweise, so erklärt es der stellvertretende Dienststellenleiter, würden Autohersteller umgehend helfen, sobald der Ernst der Lage deutlich gemacht wurde. Nach dem zweiten Auto, einem "sehr lauten" BMW, sucht die Polizei derweil weiter.