Im französischen Annecy sticht ein Mann auf einem Spielplatz auf Kleinkinder ein, ehe er von der Polizei überwältigt wird. Ein Augenzeugenvideo hat einen Teil des Angriffs mit der Kamera festgehalten.
Es sind verstörende Bilder. Nicht blutig oder überzogen brutal – doch genau deswegen wirken sie so unwirklich. Hinter Bäumen stehend hat ein Unbekannter oder eine Unbekannte gefilmt, wie ein bärtiger Mann mit Sonnenbrille, in schwarzen Shorts, schwarzem Langarmshirt, weißen Turnschuhen und langem, blauen Kopftuch mit einem Messer in der Hand neben einem Spielplatz herumfuchelt: Er hebt den Arm, Schreie sind zu hören. An einer Stelle sieht es so aus, als würde er ein Headsetkabel in die Hand nehmen.
Annecy: Passant stellt sich dem Mann in den Weg
Kurz darauf kommt ein Mann vorbei, dem der Angreifer sein Messer entgegenstreckt, doch der reagiert sofort und schleudert ihm seinen Rucksack entgegen. Der Bewaffnete weicht aus und läuft weg, kehrt direkt auf den Spielplatz zurück, rennt in Richtung einer Frau und deren im Wagen sitzenden Kind. Obwohl die Mutter ihn versucht wegzuschubsen, schafft er es, zwei Mal auf das kleine Kind einzustechen. Genau in diesem Moment rutscht ein nicht mehr ganz junger Mann direkt daneben die Rutsche herunter.
Der Bewaffnete läuft auf dem Spielplatz hin und her, nähert sich zweimal der Mutter und ihrem Kind. Doch der Mann mit dem Rucksack lässt nicht locker und versucht, den Angreifer zu vertreiben. Der verlässt dann auch irritierend ruhig den Spielplatz. Auf einem anderen Video ist zu sehen, wie der Verfolger, möglicherweise ein Tourist, seinen zweiten Rucksack ablegt, um den Mann mit dem Messer einholen zu können. Mit seinem beherzten Eingreifen hat er vermutlich noch Schlimmeres verhindert.
Mehrfach sind Jogger zu sehen, die an der Szenerie vorbeilaufen. Immerhin ein Passant hat sein Herz in die Hand genommen und versucht, sich dem Messerangreifer entgegenzustellen.
Diese Szenen aus mittlerweile gelöschten Videos zeigen einen Messerangriff in der französischen Alpenstadt Annecy, das dem stern vorliegt. Der Täter hat insgesamt vier Kleinkinder einen Erwachsenen verletzt. Der Mann sei gegen 9.45 Uhr auf eine Gruppe Kinder in einem Park nahe dem Lac d'Annecy losgegangen, hat die Nachrichtenagentur AFP aus Sicherheitskreisen erfahren.
Die Kinder waren den Angaben zufolge um die drei Jahre alt. Mindestens drei Opfer, unter ihnen zwei Kinder, schwebten demnach in Lebensgefahr. Ob es sich bei dem Angriff um einen Terroranschlag handelt, werde derzeit noch geprüft, hieß es.
Polizei schoss Angreifer in die Beine
Polizisten hatten zunächst versucht, den Mann zu stoppen, ohne auf ihn zu schießen. "Als er merkte, dass er in eine Falle gelockt wurde, griff er eine ältere Person an und sie schossen ihm in die Beine", sagte ein Augenzeuge. Ein weiterer Augenzeuge beschrieb "totale Panik". "Er wollte alle angreifen", sagte der Profi-Fußballer Anthony Le Tallec, der zu dem Zeitpunkt in dem Park joggte, der "Dauphiné Libéré".
Er selbst sei zur Seite ausgewichen. Der Angreifer habe sich jedoch auf eine älteres Paar gestürzt und auf den älteren Mann eingestochen.
Innenminister Gérald Darmanin erklärte, dass der Täter "dank der schnellen Reaktion der Sicherheitskräfte verhaftet worden" sei. Bei ihm handelt es sich anscheinend um christlichen Asylbewerber aus Syrien. Seine Identität ist mittlerweile bestätigt. Der 32-Jährige galt bislang als polizeilich unbekannt und lebte zehn Jahre lang in Schweden. Seit April besaß er einen Flüchtlingsstatus und hielt sich somit regulär in Frankreich auf.
Präsident Emmanuel Macron verurteilte den Angriff als "absolut feige". "Unsere Gedanken sind bei ihnen, ihren Familien und den mobilisierten Rettungskräften", erklärte Macron auf Twitter.
Das Büro von Premierministerin Elisabeth Borne kündigte an, sie werde zum Tatort nach Annecy reisen. Das französische Parlament hielt nach Bekanntwerden des Angriffs eine Schweigeminute ab.