Niedriger Blutdruck: Was dahintersteckt und was hilft

07.07.2020 14:39

Hoher Blutdruck ist gefährlich, niedriger Blutdruck dagegen harmlos. Stopp. Das stimmt nicht immer. Zum einen kann niedriger Blutdruck für Beschwerden sorgen, zum anderen ein Hinweis auf Erkrankungen sein. Wir erklären, was Blutniederdruck verursacht und was hilft, wenn er Probleme macht. 

Der Druck, der in unseren Blutgefäßen herrscht, ist von vielen Faktoren abhängig. Angegeben wird er in der Einheit „Millimeter Quecksilber“ (Abkürzung: mmHg).

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert niedrigen Blutdruck (Fachbegriff: Hypotonie) so:

Frauen: weniger als 100 zu 60 mmHg
Männer: weniger als 110 zu 70 mmHg

Anders als Bluthochdruck gilt niedriger Blutdruck allgemein nicht als Krankheit, sondern als Störung des Kreislaufsystems, die nur behandelt werden muss, wenn sie Beschwerden verursacht. Das ist allerdings häufig der Fall.

In Deutschland haben drei bis fünf Millionen Menschen niedrigen Blutdruck, schätzen Experten. Vor allem Jugendliche (weil ihr Körper wächst), junge, schlanke Frauen, oder ältere, dünne Menschen sind davon betroffen, aber auch Frauen mit einer Essstörung oder Schwangere.

So regelt der Körper den Blutdruck

Ein ausgeklügeltes System sorgt dafür, dass der Blutdruck (bis zu einem gewissen Maß) reguliert werden kann:

Zum einem misst der Körper ständig den Druck, der in den Schlagadern herrscht (Haupt- oder Halsschlagader). Das geschieht über sogenannte Barorezeptoren. Wie Messfühler registrieren diese, wie sehr sich die Gefäßwand durch den Druck des Blutes dehnt. Diese Information geben sie an das Gehirn weiter.

Ist der Blutdruck zu hoch oder zu niedrig, leitet die Schaltzentrale unseres Körpers Befehle an das Herz und die Blutgefäße weiter. Diese verändern sich oder ihre Funktion so, dass der Blutdruck wieder im Normbereich liegt.

Aber auch die Nieren sind an der Regulation des Blutdrucks beteiligt: Sie registrieren, welcher Druck in ihren Gefäßen herrscht und geben – falls er zu niedrig ist – das hormonähnliche Enzym Renin ins Blut ab. Es bewirkt, dass der Druck in den Gefäßen wieder steigt.

Niedriger Blutdruck: Anzeichen

Niedriger Blutdruck kann eine Reihe von Beschwerden auslösen, von denen viele häufig anderen Ursachen zugeschrieben werden, unter anderem:

  • Schwindel
  • Ohrensausen
  • Erhöhte Empfindlichkeit für Kälte
  • Schwarzwerden vor den Augen oder “Sternchen sehen”
  • Antriebsarmut und Abgeschlagenheit
  • Kalte Hände und Füße
  • Schlafstörungen
  • Hoher Puls
  • Appetitlosigkeit
  • Wetterfühligkeit
  • Kreislaufkollaps durch verminderte Durchblutung des Gehirns (Fachbegriff: Synkope)

Niedriger Blutdruck kann über einen langen Zeitraum oder dauerhaft gesundheitliche Probleme bereiten, aber auch nur in bestimmten Situationen auftreten.

Niedriger Blutdruck: Ursachen

So vielfältig die Anzeichen des Niederblutdrucks sind, so zahlreich sind seine möglichen Ursachen. Die Wurzel des Übels kann in den Genen liegen, aber auch durch externe Faktoren ausgelöst werden. In der Medizin werden deshalb unterschiedliche Varianten von Niederblutdruck unterschieden:

Schwindel beim Aufstehen ist ein typisches Anzeichen der regulativen (auch: orthostatischen) Hypotonie:

Der Körper hat Probleme, den Blutdruck der veränderten Schwerkraft anzupassen, wenn wir aus dem Liegen oder Sitzen ins Stehen wechseln oder uns nach dem Bücken wiederaufrichten. Diese regulative Störung kann dazu führen, dass das Blut kurzfristig in den Beinen „versackt“. Die Folge: Der Blutdruck fällt stark ab, im Gehirn kommt nicht mehr genug Blut an. Den Betroffenen wird schwindlig oder sogar schwarz vor Augen.

Niedriger Blutdruck kann angeboren sein (konstitutionelle Hypotonie):

Bei einigen Menschen funktioniert die Regulation des Blutdrucks weniger gut als bei anderen. Die genaue Ursache dafür ist unklar, liegt aber wohl in den Genen.

Bestimmte Medikamente (zum Beispiel Betablocker) können als unerwünschte Nebenwirkung den Blutdruck senken (medikamentöse Hypotonie).

In seltenen Fällen kann niedriger Blutdruck die Folge einer organischen Erkrankung sein (symptomatische Hypotonie).

Hinweis auf eine Erkrankung?

Es gibt eine Reihe von Erkrankungen, die unter anderem dazu führen, dass der Blutdruck dauerhaft niedrig ist.

Herzerkrankungen können zum Beispiel dafür sorgen, dass das Pumporgan nicht mehr in der Lage ist, das Blut mit dem nötigen Druck in den Kreislauf zu befördern. Solche Erkrankungen können zum Beispiel eine Herzmuskelschwäche, eine Herzinsuffizienz oder eine Verengung der Aortenklappe sein.

Sind die Venen erkrankt, kann das Blut in den zu weiten Gefäßen versacken – zum Beispiel, wenn wir lange stehen. Als Folge fällt der Blutdruck ab.

Schilddrüse und Nebennieren sind wichtige Hormonlieferanten des Körpers. Ist ihre Funktion gestört, kann auch das einen niedrigen Blutdruck verursachen.

Niedriger Blutdruck: Diagnose

Der Blutdruck lässt sich einfach und schnell messen. Doch eine einmalige Blutdruckmessung ist nur eine Momentaufnahme. Um festzustellen, ob der Druck in den Gefäßen dauerhaft niedrig ist, ist eine Langzeitblutdruckmessung das Mittel der Wahl. Dabei wird der Blutdruck über ein paar Tage in kurzen Intervallen (etwa alle 30 Minuten) automatisch gemessen und die Ergebnisse werden anschließend ausgewertet.

Auch das Elektrokardiogramm (EKG) oder spezielle Testverfahren (zum Beispiel der sogenannte Schellong-Test) geben darüber Aufschluss. Um die genaue Ursache des niedrigen Blutdrucks zu klären, muss der Arzt im Anschluss an die Messungen weitere diagnostische Maßnahmen durchführen.

Zu wenig Druck von Natur aus? Das hilft

Ist der niedrige Blutdruck angeboren, gibt es eine Reihe von Maßnahmen, um damit verbundene Beschwerden wie kalte Hände oder Schwindel zu lindern, und den Blutdruck dauerhaft anzuheben:

Richtig essen und trinken

Unsere Ernährung ist ein wichtiger Einflussfaktor auf den Blutdruck und hilft ihm auf die Sprünge, wenn wir Folgendes beachten:

  • Ausreichend trinken, damit das Volumen des Blutes nicht durch Flüssigkeitsmangel abnimmt. Übrigens: Kaffee wirkt nur kurzfristig anregend, auf Dauer lässt sich ein niedriger Blutdruck damit nicht anheben
  • Auf eine gute Versorgung mit Mineralien und Salz achten

Viel bewegen

Regelmäßige körperliche Aktivität stärkt die Gefäße, kräftigt das Herz und bringt die Venen-Pumpe auf Trab, die dafür sorgt, dass das Blut aus den Beinen zurück zum Herzen befördert wird. Schon ein forscher Spaziergang oder Treppensteigen bringt den Kreislauf auf Touren. Besonders nachhaltig lässt sich der Blutdruck durch regelmäßiges Krafttraining steigern.

Durchblutung anregen

Anwendungen nach dem Kneipp-Prinzip (zum Beispiel kalte Armbäder, Wechselduschen oder Kniegüsse) regen durch einen Warm-Kalt-Wechsel die Durchblutung an. Das kann die problematischen Anzeichen eines niedrigen Blutdrucks lindern.

Medikamente

Der Blutdruck lässt sich auch durch Medikamente erhöhen. Wirkstoffe, die den Druck in den Gefäßen steigern, sind zum Beispiel Etilefrin und Dihydroergotamin. Da entsprechende Arzneimittel Nebenwirkungen haben können, sollten vorher alle anderen Maßnahmen zu Blutdrucksteigerung ausgeschöpft werden.

Homöopathie und Naturheilkunde

Die Naturheilkunde (Phytotherapie) schreibt Rosmarin, Ginseng, Pfefferminz und Kampfer eine hilfreiche Wirkung bei niedrigem Blutdruck zu. In der Homöopathie wird die Behandlung mit Nux Vomica, Veratrum album, Acidum phosphoricum und Coffea empfohlen. Unter den alternativen Heilverfahren zählen Akupunktur und Schröpfen zu den Therapien, die bei niedrigem Blutdruck helfen sollen.

Niedriger Blutdruck: Wann ist er gefährlich?

Schädlich für die Gesundheit ist niedriger Blutdruck nie – denn anders als hoher Blutdruck strapaziert er weder Gefäße noch Organe. Gefährlich werden kann er jedoch indirekt: Sinkt der Druck in den Gefäßen so stark, dass die Betroffenen bewusstlos werden, können sie sich bei Stürzen verletzen. Einem Kollaps gehen als Warnsignale häufig Benommenheit, Bauchdrücken oder Übelkeit voraus.

Was dann hilft: Füße hochlagern, sodass wieder genug Blut ins Gehirn strömen kann. Auch Schwindel bedingt durch niedrigen Blutdruck kann zu Stürzen führen. Gerade ältere Menschen können sich dabei langwierige Knochenbrüche oder andere Verletzungen einhandeln. Sie sollten niedrigen Blutdruck darum besonders ernst nehmen.

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