Pilzvergiftung erkennen und behandeln

09.10.2019 12:34

Ein Spaziergang durch den Wald kann böse enden − zumindest dann, wenn man Pilze sammelt, ohne zu wissen, welche Sorten essbar sind und welche nicht. Wer die falschen Exemplare in die Pfanne wirft, riskiert eine Pilzvergiftung. Wie Schwammerlfans ohne Beschwerden durch die Pilzsaison kommen, erfahren Sie hier.

Jedes Jahr im Spätsommer und Frühherbst packt Pilzfreunde die Sammelwut. Manche kennen kein Halten mehr und pflücken alles, was ihnen in die Quere kommt. Aber Vorsicht: Wer Pilze für den Verzehr sammelt, sollte genau wissen, welche Sorten tatsächlich essbar sind und welche giftig.

Schätzungen zufolge sind zwar nur ein bis zwei Prozent aller gemeldeten Vergiftungen in Deutschland auf Pilze zurückzuführen. Die Dunkelziffer ist aber sicherlich höher. Immerhin acht Prozent aller Pilzvergiftungen enden tödlich.

Magenverstimmung oder echte Vergiftung?

Zuerst einmal gilt es, eine Pilzvergiftung von anderen Krankheitsbildern abzugrenzen, die nach dem Verzehr von Pilzen auftreten können. Man spricht dabei von sekundären bzw. unechten Pilzvergiftungen, weil bei ihnen kein echtes Gift im Spiel ist.

In der Regel sind die Symptome Magen-Darm-Beschwerden, ausgelöst durch:

  • falsche Zubereitung der Pilze. Manche Sorten dürfen nicht roh verzehrt werden, andere werden erst durch das Kochen ungenießbar.
  • Lebensmittelvergiftung aufgrund verdorbener oder aufgewärmter Pilze. Die Fruchtkörper enthalten viel Eiweiß, das leicht verderblich ist und daher anfällig für die Bildung bakterieller Giftstoffe. Die Folge sind meistens Übelkeit, Erbrechen und Durchfall.
  • Pilzallergie: Die Symptome treten etwa 15 Minuten bis vier Stunden nach dem Verzehr des Pilzes auf. In manchen Fällen klagen Betroffene neben Magen-Darm-Beschwerden auch über allergische Reaktionen wie Hautausschläge und Atemnot.
  • Pilzunverträglichkeit: Die Symptome treten innerhalb von vier Stunden nach Verzehr des Pilzes auf, typisch ist neben Magenschmerzen auch Durchfall. Auslöser ist häufig, dass ein schwer verdaulicher Pilz nicht lange genug gekocht wurde.
  • Pflanzenschutzmittel: Viele Pilze, die auf Wiesen und Feldern wachsen, sind mit Pestiziden belastet. Den kulinarischen Rat, Pilze nur zu putzen, nicht zu waschen, sollte man bei diesen Arten ignorieren.
  • Fuchsbandwurm: Wer rohe Speisepilze aus dem Wald isst, kann sich leicht mit einem Fuchsbandwurm infizieren, der insbesondere die Leber angreift und im schlimmsten Fall zum Versagen dieses Organs führt.

Achten Sie daher auf die typischen Symptome einer echten Pilzvergiftung wie:

  • Angstattacken
  • Halluzinationen
  • Schwindelgefühle
  • Atemnot
  • Muskelzuckungen und -krämpfe
  • Herzrasen, krankhafte Unruhe
  • Benommenheit
  • Probleme beim Gehen
  • Verwirrtheitszustände

Spezifische Pilzvergiftungen weisen oft noch weitere oder andere Symptome auf. Dazu zählen die drei folgenden Syndrome:

  • Amatoxin-Syndrom: Gelbsucht (Ikterus), erhöhter Wert der Leberenzyme und harnpflichtiger Substanzen, Nierenversagen, innere Blutungen.
  • Fliegenpilzsyndrom: typische Anzeichen sind depressive Stimmung, Aggression, Sprachstörungen, Weinkrämpfe.
  • Muskarinsyndrom: Vergiftung, die sich vor allem gegen das Nervensystem richtet. Symptome sind starkes Schwitzen, Zittern, Tränenfluss.
  • Coprinus-Syndrom: entsteht aus der Kombination von bestimmten Tintlingsarten mit Alkoholgenuss. Symptome sind eine starke Pupillen-Erweiterung und eine Rötung der Haut an Gesicht und Brust, die bis ins Violette reichen kann.

Was tun bei einer Pilzvergiftung?

Wenn Sie glauben, eine Pilzvergiftung zu haben, rufen Sie einen Arzt oder die Giftnotrufzentrale an und beschreiben Sie Ihre Symptome.

Bei leichteren Vergiftungen, die zu Durchfall und Erbrechen führen, wird das Gift meistens schnell ausgeschieden. Hier müssen Sie wie bei einer Magen-Darm-Grippe in der Regel nur abwarten, bis die Beschwerden abklingen. Wenn Sie sich nicht übergeben können, aber Symptome einer Vergiftung haben, sollten Sie nachhelfen. Je schneller das Gift den Körper verlässt, desto besser.

Sind die Beschwerden sehr stark oder setzen die Symptome einer Pilzvergiftung erst spät ein, sollten Sie sofort den Notarzt rufen. Die Wahrscheinlichkeit einer Vergiftung, die die Organe schädigt, ist dann groß. Ein übrig gebliebener roher Pilz, Reste des Pilzgerichts oder notfalls auch eine Probe des Erbrochenen können dem Notdienst helfen, das Gift schneller zu identifizieren und die richtigen Maßnahmen zu ergreifen.

So vermeiden Sie eine Pilzvergiftung

Die richtige Reinigung und Zubereitung von Speisepilzen hilft, sekundäre Vergiftungen zu vermeiden. Bei echten Giftpilzen bringt auch Kochen nichts, denn Hitze kann den toxischen Substanzen nichts anhaben. Vergiftungen vermeiden Sie nur, indem Sie entsprechende Pilze gar nicht erst verzehren. Leider ist nicht jeder giftige Pilz so eindeutig identifizierbar wie der weiß-rote Fliegenpilz, andererseits sind Namen wie „Satansröhrling“ kein Zeichen dafür, dass ein Pilz giftig ist.

Viele der etwa 100 heimischen Speisepilzsorten haben giftige Verwandte, die ihnen sehr ähnlich sehen – allen voran der beliebte Champignon, der kaum vom grünen Knollenblätterpilz zu unterscheiden ist.

Unsere Tipps für eine sichere Pilz-Saison:

  • Besorgen Sie sich ein Pilz-Bestimmungsbuch, bevor Sie zum Sammeln in den Wald gehen.
  • Beim Gesundheitsamt können Sie sich die Kontaktdaten eines Pilzberaters geben lassen, der Ihnen hilft, giftige Pilze von Speisepilzen zu unterscheiden.
  • Oft bieten auch Volkshochschulen während der Pilzsaison Kurse für die Bestimmung von Sorten an.
  • Dass Schnecken oder andere Tiere einen Pilz fressen, ist kein Zeichen dafür, dass er auch für Menschen genießbar ist (auch wenn das viele behaupten).
  • Ein weiterer alter Irrtum: Legt man bei der Zubereitung eines Pilzgerichts einen Silberlöffel in den Topf und er verfärbt sich schwarz, bedeutet das, dass Gift enthalten ist. Das ist falsch.

Speisepilze schmecken nicht nur lecker, sondern sind auch kalorienarm. Sorten wie Pfifferlinge sind obendrein reich an Ballaststoffen und daher gut für die Verdauung. Wer sie also gut verträgt, sollte sich nicht von ihrem Verzehr abhalten lassen. Wichtig ist in diesem Fall nur, dass der sprichwörtliche Bauer tatsächlich nicht „frisst“, was er nicht kennt. Heißt: Essen Sie Pilze nur, wenn Sie sicher sind, dass sie auch genießbar sind. Dann steht einem Herbstspaziergang inklusive Pilze suchen im Wald nichts im Weg.

Ausmaß, Stärke und Auftreten der Symptome einer Pilzvergiftung variieren je nach Sorte.

Giftige Röhren- oder Schwammpilze etwa verursachen in der Regel leichte, nicht lebensbedrohliche Beschwerden und führen innerhalb von 30 Minuten und vier bis sechs Stunden zu körperlichen Reaktionen.

Hochgiftige Lamellenpilze dagegen können im schlimmsten Fall lebensgefährlich werden. Der Knollenblätterpilz ist am häufigsten für Vergiftungen mit tödlichem Ausgang verantwortlich. Schwere Vergiftungen sorgen oft erst nach sechs bis 20 Stunden bis hin zu 10 Tagen für Beschwerden. Zu diesem Zeitpunkt hat sich das Gift schon im Körper ausgebreitet und kann nicht mehr durch Erbrechen oder Durchfall ausgeschieden werden. Die Folge: Niere und Leber sind womöglich schon schwer geschädigt.

Unspezifische Beschwerden im Magen-Darm-Trakt wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Bauchkrämpfe sind sowohl bei einer echten, als auch bei einer sekundären Pilzvergiftung festzustellen. Pilzgifte wirken sich dagegen häufig auf das Nervensystem aus.

 

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