Postnatale Depression: Wenn Babyglück krank macht

26.08.2019 11:23

Die Postnatale Depression (PND) – auch Postpartale Depression oder Wochenbettdepression genannt – ist eine Krankheit, die viele Mütter direkt nach der Geburt betrifft. Kaum jemand weiß, dass jedes Jahr etwa 100.000 Mütter in Zusammenhang mit einer Geburt psychisch erkranken. Und auch Männer haben damit zu kämpfen.

Was ist eine Postnatale Depression?
Was sind die Ursachen einer Postnatalen Depression?
Was sind die häufigsten Symptome einer Postnatalen Depression?
Wie erkennt der Arzt eine Postnatale Depression?
Wie wird eine Postnatale Depression behandelt?
Wie sind die Heilungschancen bei einer Postnatalen Depression?
Wie kann ich einer Postnatalen Depression vorbeuegen?

Was ist eine Postnatale Depression?

Anders als bei dem eher harmlosen „Baby Blues“ handelt es sich bei der Postnatalen Depression um eine ernstzunehmende psychische Erkrankung. Diese Sonderform der depressiven Störung tritt bei manchen Frauen nach der Geburt auf – man geht davon aus, dass rund zehn bis 20 Prozent aller jungen Mütter in einem Zeitraum von 24 Monaten nach der Entbindung von diesem Krankheitsbild betroffen sind.

Der „Baby Blues“ kommt viel häufiger als eine Postnatale Depression vor. Kennzeichnend ist der Beginn des „Baby Blues“ kurz nach der Geburt. Viele Mütter sind in den ersten Tagen nach der Entbindung gereizt, fühlen sich traurig, antriebslos und müde, von Selbstzweifeln der immerwährenden Sorge um das Neugeborene begleitet. Diese „Heultage” sind eine Stimmungskrise und etwas ganz Normales, sie vergehen nach kurzer Zeit wieder von alleine.

Was sind die Risiken einer Postnatalen Depression?

Eine Postnatale Depression verschwindet in der Regel nicht von alleine, sie muss behandelt werden. Symptomatisch ist der schleichende Beginn, der typisch ist bei Depressionen. Oftmals wird eine Postnatale Depression erst spät erkannt, erste Anzeichen werden oft ignoriert oder nicht immer ernst genommen. Doch eine Unterschätzung dieser psychischen Erkrankung kann fatal sein.

Die Postpartale Depression kann sich zur gefährlichen Psychose auswachsen. Es besteht erhöhte Suizidgefahr bei erkrankten Müttern, und es kann sogar zur Tötung des eigenen Kindes (Infantizid), zum Kindsmord, kommen. Und nicht nur die Mütter sind von den extremen Stimmungsschwankungen betroffen, auch Männer kämpfen mit den verschiedenen Formen der Krankheit: Während Mütter unter extremen hormonellen Veränderungen nach der Geburt leiden, macht Vätern oft der neue Erwartungsdruck zu schaffen.

Was sind die Ursachen einer Postnatalen Depression? 

Die genauen Ursachen einer Postnatalen Depression sind bis heute noch nicht ganz geklärt. Viele Mediziner gehen davon aus, dass die starke Hormonumstellung nach einer Geburt daran beteiligt sein könnte. Diese Annahme ist aber nicht unumstritten. Es gibt viele Theorien. Keiner der vermuteten Auslöser ist seitens der Forschung letztendlich belegt.

Folgende Faktoren sind dafür bekannt, dass sie das Auftreten einer Postnatalen Depression begünstigen können:

Bestehende psychische Erkrankungen, auch in der Familie

Litt eine Frau bereits vor der Schwangerschaft unter psychischen Störungen, besteht eine erhöhte Gefahr, dass sie an einer Postnatalen Depression erkrankt. Auch psychische Erkrankungen innerhalb der Familie können dazu beitragen. Das Gefühl ständiger Überforderung, Depressionen, Zwangsstörungen, Panikstörungen, Angststörungen und Phobien zählen zu diesen Risikofaktoren.

Traumatische Erlebnisse, belastende Lebenssituationen und Ehestreit

Eine traumatische Erfahrung – etwa aus der frühen Kindheit – kann das Risiko erhöhen. Ebenso tragen belastende Lebenssituationen wie finanzielle Armut, soziale Isolation oder die mangelnde Unterstützung des Partners dazu bei, dass Frauen an einer Postnatalen Depression erkranken. Als schwerwiegender Faktor gilt fortwährender Beziehungsstress: Wer sich ständigen Konflikten mit dem Partner bis hin zur häuslichen Gewalt ausgesetzt sieht, ist besonders gefährdet.

Körperliche und geistige Erschöpfung

Gerade nach der Geburt leiden viele Frauen unter Schlafmangel. Wenn es sich beim Nachwuchs auch noch um ein Schreikind handelt, erhöht sich die psychische und körperliche Belastung der Mutter enorm. In Kombination mit der Umstellung des Stoffwechsels durch eine Veränderung der Schilddrüsenhormone, kann die völlige Erschöpfung zur Entstehung einer Postnatalen Depression beitragen.

Was sind die häufigsten Symptome einer Postnatalen Depression?

Die Symptome einer Postnatalen Depression sind vielfältig. Wer Anzeichen bei sich entdeckt, muss aber nicht zwingend erkrankt sein. Auf der anderen Seite gibt es vereinzelte Symptome, die vermeintlich nicht mit dieser psychischen Erkrankung in Zusammenhang stehen, wie zum Beispiel Antriebslosigkeit, vermehrte Kopfschmerzen, Konzentrationsschwierigkeiten und Schwindel. Die meisten Symptome treten schleichend auf. Diese können sein:

  • Gefühl der inneren Leere
  • Antriebslosigkeit und Energiemangel
  • Überforderung
  • Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit
  • Schuldgefühle
  • Zittern
  • Angst- und Panikgefühle
  • Sexuelle Unlust
  • Herzbeschwerden
  • Schlafstörungen
  • Erhöhte Reizbarkeit
  • Ambivalente Gefühle und allgemeines Desinteresse gegenüber der Familie und dem Kind, bis hin zu Tötungsgedanken bezogen auf die eigene Person und sogar auf das Kind

Wer konstant mehrere dieser Symptome bei sich feststellt, sollte sich Hilfe suchen und einen Arzt aufsuchen. 

Wie erkennt der Arzt eine Postnatale Depression?

Die Diagnose der Postnatalen Depression erfolgt sehr subjektiv, eine allgemeine anerkannte Vorgehensweise gibt es dafür nicht. Durch ausführliche Gespräche mit dem Haus- oder Frauenarzt beispielsweise kann dieser eine Postnatale Depression erkennen. Durch Untersuchungen werden zunächst andere organische Erkrankungen (z.B. Funktionsstörungen der Schilddrüse oder Anämie) ausgeschlossen.

Als bewährtes Hilfsmittel in der Diagnose von Postnataler Depression erwies sich der EPDS-Test (Edinburgh-Postnatal-Depression-Scale). Den Fragebogen füllt die Patientin gemeinsam mit ihrem Arzt aus. Die Ergebnisse geben ihm Aufschluss über die Stärke der Postnatalen Depression.

Wie wird eine Postnatale Depression behandelt?

Eine unerkannte und unbehandelte Postnatale Depression kann schwerwiegende Langzeitfolgen für die Betroffene und ihre Familie bedeuten. Lediglich bei einer ganz leichten Form des Leidens, die eher in die Kategorie „Baby Blues” fällt, ist die Linderung der Symptome auch ohne therapeutische Behandlung möglich. Durch die Unterstützung der Angehörigen und der Hebamme im Haushalt und bei der Versorgung des Säuglings sowie durch aufmerksame Gespräche kann für ausreichend Entlastung gesorgt werden.

Wann ist eine Psychotherapie notwendig?

Sollten die Symptome nicht innerhalb einiger Tage abklingen, reicht die Selbsthilfe nicht mehr aus. Bei schwereren Fällen der Postnatalen Depression ist eine psychotherapeutische Behandlung unbedingt notwendig. Vor allem eignet sich die Gesprächstherapie, bisweilen kombiniert mit einer medikamentösen Behandlung durch Verabreichung von Antidepressiva, um eine Postnatale Depression erfolgreich zu behandeln. Der Hausarzt überweist die Patientin an einen Psychotherapeuten. Zusätzlich kann sie ihre Hebamme oder eine Selbsthilfegruppe um Unterstützung und Rat bei der Hilfe nach einer geeigneten Therapieform fragen.

Wer unter einer besonders schweren Postnatalen Depression leidet, für den ist eine stationäre Behandlung wegen erhöhter Suizidgefahr vonnöten. Vielerorts gibt es Mutter-Kind-Kliniken.

Wie sind die Heilungschancen bei einer Postnatalen Depression? 

Typisch für eine Depression ist die Hoffnungslosigkeit der Betroffenen. Es ist durchaus möglich, dass sie am Anfang der Erkrankung nicht an eine Heilung glauben. Doch die Prognose bei einer Postnatalen Depression ist gut. Wird die Erkrankung erkannt und von den Angehörigen ernst genommen, können Patientinnen davon ausgehen, dass sie sich vollständig erholen werden. 

Wie kann ich einer Postnatalen Depression vorbeugen?

Eine sichere Vorbeugung gegen eine Postnatale Depression gibt es nicht. Verschiedene Studien zeigten jedoch Wege der Prophylaxe. Sie können helfen, das Auftreten dieser psychischen Krankheit zu vermindern:

  • Sie sollten während Ihrer Schwangerschaft versuchen, Stress unter allen Umständen zu vermeiden.
  • Gönnen Sie sich ausreichend Bewegung in Form eines Gymnastik- oder Yogakurses für Schwangere.
  • Ebenso helfen Wellness-Behandlungen zur Entspannung und fördern Ihr Wohlbefinden.
  • Genießen Sie Ihre Schwangerschaft in vollen Zügen und freuen Sie sich auf eine aufregende Zeit mit Ihrem Nachwuchs.
  • Treffen Sie sich mit anderen Müttern (etwa in Krabbelgruppen) zum Erfahrungsaustausch.

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