Rumms! Der frühere SPD-Parteichef Sigmar Gabriel hat in einem Interview eindringlich vor einem Rechtsruck in Deutschland gewarnt. Besonders pikant: Bei der Landtagswahl in Sachsen gibt er seine eigene Partei offenbar auf.
Mit diesem Interview dürfte der frühere Parteichef Sigmar Gabriel insbesondere seinen Genossen in Sachsen keinen Gefallen getan haben. In einem Gespräch mit dem WDR warnt Gabriel eindringlich vor einem zunehmenden Rechtsruck in Deutschland und beklagt das fehlende gesellschaftliche Engagement angesichts des Höhenflugs der AfD.
So weit, so gut, so unproblematisch. Aufhorchen lassen allerdings Passagen, in denen Gabriel im Vorfeld der Landtagswahlen in Sachsen im September zur Unterstützung für den CDU-Ministerpräsidenten des Landes, Michael Kretschmer, aufruft. "Der einzige, den ich kenne, für den ich als Sozialdemokrat Wahlkampf machen würde, ist der CDU-Ministerpräsident in Sachsen", sagte Gabriel.
"Der geht da in den Straßenwahlkampf und in den Nahkampf mit der AfD, lässt sich da nicht verscheuchen und nicht einschüchtern", sagte Gabriel. "Solche Typen brauchen wir jetzt", fügte er hinzu. Gabriel, nannte es in dem Interview "unfassbar", dass sich angesichts der hohen Umfragewerte nicht mehr Menschen in Deutschland der AfD entgegenstellten.
Gabriel rief auch die derzeitige SPD-Spitze auf, Kretschmer zu unterstützen. "Es wäre doch ein Leichtes, im Bundestag mal zu überlegen, was können wir eigentlich für dieses Land und für diesen Ministerpräsidenten tun, damit er zeigt, dass er Erfolg hat und auch gewählt wird", sagte er weiter dem WDR. "Dazu müsste man das parteipolitische kleine Karo überspringen." Gemeinsames Ziel müsse die Schwächung der AfD sein.
Umfrage sieht SPD in Sachsen bei drei Prozent
Die Aussagen von Gabriel sind gleich doppelt brisant. In der vergangenen Woche ist eine Civey-Umfrage bekannt geworden, wonach die SPD in Sachsen lediglich auf eine Zustimmung von 3 Prozent kommt. Die FDP liegt bei 1 Prozent. Stärkste Kraft ist demnach die AfD mit 37 Prozent vor der CDU mit 30 Prozent. Grüne (8 Prozent) und Linke (7 Prozent) liegen nur knapp über der 5-Prozent-Hürde.
Darüber hinaus ist der von Gabriel so gepriesene Michael Kretschmer zuletzt immer wieder mit polarisierenden Äußerungen aufgefallen. SPD und Grüne werfen ihm vor, Narrative der AfD etwa in der Flüchtlingspolitik oder im Umgang mit Russland zu übernehmen. Unter anderem wirbt der sächsische Ministerpräsident für Anstrengungen, Gaslieferungen aus Russland wieder aufzunehmen.
Sigmar Gabriel: "Wir drehen Däumchen und lassen das auf uns zurollen"
Gabriel beklagte ferner das fehlende gesellschaftliche Engagement gegen Rechts. "Ich kenne keine Kulturinitiative, keine Literaten, Künstler, keine Politiker, keine Chefs großer Unternehmen – bis auf ganz wenige – die sich dagegen engagieren", so Gabriel im WDR. "Stattdessen drehen wir hier Däumchen und lassen das auf uns zurollen."
Seiner eigenen Partei stellte der frühere SPD-Chef ebenfalls kein gutes Zeugnis aus: "Die Sozialdemokratie hat meiner Meinung nach ein falsches Bild von ihrer traditionellen Wählerschaft. Sie setzt sich sehr stark ein für Menschen, die kein Einkommen haben, kümmert sich um das Bürgergeld. Aber die größte soziale Frage dieses Landes ist für viele Menschen, wie sie eigentlich ihre Mieten bezahlen sollen. Auch zu Themen wie dieser verheerenden Pisa-Studie, zum deutschen Bildungssystem, schweigt meine Partei praktisch."