Wenn man Hundehalter fragt, fällt häufig die Aussage, dass ihr Tier schlauer sei als so manch anderes. Doch wie schneiden Hunde im Vergleich zu anderen Tieren wirklich ab? Und welche Rasse ist die schlaueste? PETBOOK hat sich die Studienlage einmal genauer angeschaut und zeigt, ob nicht doch etwas hinter dem Vorurteil des „treudoofen“ Hunds steckt.
Viele Halter sind überzeugt, dass ihr Hund intelligent ist. Es existiert sogar die gängige Annahme, dass Hunde so schlau sind wie zweijährige Kleinkinder seien. Allerdings zeigt sich in einigen Studien auch, dass viele Menschen dazu neigen, die Intelligenz ihres Tiers zu überschätzen. 2018 kam eine groß anlegte Untersuchung zu dem Ergebnis, dass die Datenlage zu diesem Thema nicht eindeutig ist. Zum Beispiel sind Affen und Tauben tatsächlich schlauer als Hunde. Aber wie misst man die Intelligenz der Tiere eigentlich und kann man sie überhaupt mit der anderer Lebewesen vergleichen?
Wie legt man fest, ob ein Hund schlau ist?
Viele Tiere bedienen sich kognitiver Fähigkeiten. Etwa, indem sie Lösungen entwickeln, wenn sie ihr Futter nicht erreichen, oder es zwar riechen, aber nicht sehen können. Aber auch Gedächtnisleistungen sind wichtig, um sich die Umgebung einzuprägen und zu merken, welche Ressourcen es zu welcher Zeit an welchem Ort gibt.
Ein Bereich der Intelligenz, der für viele nicht automatisch dazu gehört, ist die soziale Kognition. Darunter fällt zum Beispiel die Kooperation mit anderen Individuen (der eigenen aber auch anderer Arten) in einem Jagdverbund.
Im Falle von Hunden ist die soziale Intelligenz ein Aspekt, der stark vom Menschen abhängt bzw. geprägt wurde. Tieren, die mit uns interagieren oder gar kooperieren, schenken wir mehr Aufmerksamkeit, Liebe und natürlich auch mal das ein oder andere Leckerli. Auch dies beeinflusst, wie schlau Hunde sich im Alltag ihre Beziehung zum Menschen zunutze machen.
Intelligenztests sollen zeigen, wie schlau Hunde sind
Eine groß angelegte Studie der Universität in Helsinki in Finnland untersuchte 2022, wie Hunde mit kniffligen Situationen umgehen. Dafür wurde insgesamt 1002 Tieren in verschiedensten Verhaltenstests untersucht, um herauszufinden, wie schlau sie tatsächlich sind.
Die Tests sollten unter anderem herausfinden:
- wie schnell ein Hund eine unbekannte Umgebung erkundet und sich darin zurechtfindet
- wie die Tiere darauf reagieren, dass ein Mensch ihnen anzeigt, wo sich Futter befindet
- ob Hunde aus einer durchsichtigen Vorrichtung und einem Zylinder Futter angeln, anstatt direkt danach zu haschen
- ob die Tiere verstehen, dass ihr Futter noch da ist, wenn sie um ein v-förmiges Hindernis laufen und es dabei kurzfristig aus den Augen verlieren
- wie die Tiere mit einer unlösbaren Aufgabe umgehen
- wie sie logische Schlussfolgerungen in einem Hütchenspiel beweisen
- ob sich Hunde auf ihr eigenes Gedächtnis verlassen, anstatt einer irreführenden Geste des Menschen zu folgen
Bei den Ergebnissen dieser Untersuchungen zeigte sich, dass viele Hunde die ihnen gestellten Aufgaben meist gut bewältigen konnten. Den Zylindertest bestanden beispielsweise ganze 88 Prozent der Hunde, die ihn ablegten.
Schwieriger wurde die Einordnung der Ergebnisse bei den sozialen Verknüpfungen. Bei der unlösbaren Aufgabe gaben 37 Prozent einfach auf, während 54 Prozent mit dem Halter kommunizierten, um Hilfe zu erlangen. Der Rest der Hunde versuchte einfach weiter, die Aufgabe allein zu lösen.
Zudem zeigte sich, dass Hunde sich teilweise nicht auf ihre eigenen Sinne verließen. Dazu wurden zwei Näpfe aufgestellt, einer voll, einer leer. Der Halter zeigte dann auf den leeren Napf. Dieses logische Problem konnten 40 Prozent der Hunde nicht lösen und liefen tatsächlich nicht zum vollen Napf. Aber ist dies ein Zeichen von Dummheit oder von sozialer Bindung zum Menschen, die alles Logische übersteigt?
Sind manche Hunderassen schlauer als andere?
Wenige Tiere sind durch Züchtungen so unterschiedlich wie Hunde. Man kann manchmal nur schwer glauben, dass ein Dackel von einem Wolf abstammen soll. Oder dass ein Zwergspitz und eine Bordeaux-Dogge zur selben Art gehören. Diese Unterschiede bei Hunden faszinieren natürlich auch Wissenschaftler weltweit, die sich mit der Frage beschäftigen, ob bestimmte Hunderassen schlauer sind als andere.
Verhaltensbiologen der Eötvös-Loránd-Universität in Budapest in Ungarn haben sich bereits sehr eingehend mit dieser Frage beschäftigt und haben den Border Collie und andere sprachaffine Hunde zu den intelligentesten Hunden überhaupt gekürt. Mehr zu diesem Thema erfahren Sie in diesen Artikel: Daran erkennen Sie, ob Ihr Hund besonders intelligent ist.
Ob eine Rasse schlauer ist als andere, lässt sich nicht belegen
Doch wurden bei dieser Studie bereits im Vorfeld „begabte Wortlerner“ unter den Hunden identifiziert. Diese sollten dann in dieser Untersuchung unter Beweis stellen, wie viele Worte sich Hunde innerhalb einer bestimmten Zeit merken können. Allerdings ist es nicht damit getan, besonders sprachaffine Hunde generell als intelligenteste ihrer Art zu küren.
Konkreter wird hier schon die Studie aus Finnland. Dort kommen die Forscher zu dem Ergebnis, dass keine Hunderasse einer anderen in allen Punkten überlegen ist. Golden Retriever zeigten im Experiment eine hohe Hemmungskontrolle und Verständnis für menschliche Gesten. Der Malinois und der Deutsche Schäferhund dagegen erreichen eher niedrigere Werte bei der Kontrolle von spontanen Impulsen.
Dies stellt jedoch keine verminderte soziale Intelligenz dar, sondern bewies bei den betreffenden Hunden eine große Lernmotivation. Es gibt also gewisse Unterschiede zwischen den verschiedenen Hunden, allerdings ließ sich nicht belegen, dass eine Rasse generell schlauer ist als eine andere.
Wie schlau sind Hunde im Vergleich zu anderen Tieren?
Auch 2018 hat Forscher die Frage nach der Intelligenz von Hunden bereits beschäftigt. Um wirklich abgrenzen zu können, ob Hunde so schlau oder sogar noch schlauer sind als andere Tiere, betrachteten zwei Wissenschaftler Hunde im Vergleich mit anderen domestizierten Tieren, sozialen Jägern sowie anderen Fleischfressern. Dabei kamen Stephen Lea von der University of Exeter und seine Kollegin Britta Osthaus von der Christ Church University in Canterbury zu dem Ergebnis, dass Hunde gar nicht so außergewöhnlich intelligent sind.
Die Forscher verglichen die Tiere unter anderem mit Wölfen, als ihren direkten Vorfahren und Mitgliedern der Carnivoren. Außerdem wurden sie mit Katzen verglichen, die ebenfalls domestizierte Fleischspezialisten sind. Anschließend verglich man die Intelligenz von Hunden noch mit der von Delfinen und Schimpansen, sowie domestizierten Pferden und Tauben.
Dabei wurde die Studienlage für verschiedene Bereiche der Intelligenz genauer unter die Lupe genommen. Darunter waren assoziatives Lernen, sensorisches Erkennen und Wahrnehmen, Riechvermögen und Geschmack sowie die Wahrnehmung mechanischer Reize, Seh- und Hörvermögen.
Überschätzen wir die Schlauheit von Hunden, weil wir andere Tiere unterschätzen?
Nach Prüfung aller Studien kamen die Autoren zu dem Ergebnis, dass Hunde sich in vielen Bereichen nicht sonderlich hervortun und somit nicht unbedingt schlauer sind als andere Tiere. Der Geruchssinn von Hunden zum Beispiel ist zwar exzellent, damit stehen sie aber nicht allein, denn auch Katzen haben hervorragende Nasen. Auch das Lernverhalten von Hunden sei im Vergleich mit anderen Tieren nicht außergewöhnlich.
„Qualitativ gesehen haben sie keine Fähigkeiten gezeigt, die nicht auch bei anderen sozialen Jägern nachgewiesen wurden, und Delfine und Schimpansen zeigen deutlichere Hinweise auf motorische Nachahmung“, schreiben die Autoren in ihrer Untersuchung. Auch beim Spiegeltest, der ein Erkennen des eigenen Selbst zeigen soll, fallen Hunde regelmäßig durch.
Am Ende scheint es also nicht die Frage zu sein, ob Hunde generell schlauer sind als andere Tiere, sondern, weshalb der Mensch dies annimmt. „Die Kognition des Hunds ist zweifellos einzigartig, denn die Kognition jeder Spezies ist einzigartig“, fassen die Forscher ihre gewonnenen Erkenntnisse zusammen. Dass wir also die Intelligenz von Hunden teils überschätzen, liegt wohl eher daran, dass weniger genau erforschte Tiere eher unterschätzt werden.