Sterbeprozesse: Was genau passiert in unserem Körper, wenn wir sterben?

22.09.2021 10:49

Der Tod fasziniert die Menschen schon immer. Jeden von uns erwartet er irgendwann, doch keiner weiß, was genau danach passiert. Wir wissen, was während des Sterbeprozesses passiert.

Wir bekommen es tagtäglich mit - Menschen sterben. Aber was passiert eigentlich, wenn man stirbt? Wie läuft der Sterbeprozess ab? Für einen selbst ist diese Frage vielleicht interessant, denn am Ende trifft es alle Menschen gleich. Aber auch Angehörige können sich die Zeit nehmen, sich einmal mit dem Tod auseinanderzusetzen und dem, was bei einem Sterbenden gerade passiert - vielleicht auch im Hinblick auf Schmerz und Trauer.

Welche Anzeichen und Symptome der Tod haben kann, verraten wir dir hier. Denn das Leben endet unweigerlich - und in diese Phase treten wir alle irgendwann ein. 

Sterbeprozesse: Der Tod ist kein Moment, sondern ein Prozess

Der Tod als Begriff wird in unserer heutigen Gesellschaft immer "schwammiger". Durch verbesserte medizinische Möglichkeiten wird der Tod immer weiter hinaus gezögert. Selbst Menschen, die schon klinisch tot waren, können wieder zurück geholt werden. Es stellt sich immer häufiger die Frage: Ab wann ist ein Mensch wirklich tot?

Kein Scherz, tatsächlich finden regelmäßig internationale Symposien zur Definition des Todes statt. Das Sterben ist ein Prozess und das Eintreten des Todes lässt sich selten exakt einem Zeitpunkt zuordnen. Wie stirbt ein Sterbender also? Welche Anzeichen sind wichtig und wie lange dauern die Phasen, in denen ein Mensch noch zu retten ist?

Sterbephasen: Elisabeth Kübler-Ross beschreibt 5 Phasen des Sterbens

Von der psychologischen Seite her hat sich die Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross mit dieser Thematik auseinandergesetzt und hat so die sogenannten 5 Sterbephasen festgehalten, die ein schwerkranker Sterbender durchmacht. Sie sind für Sterbebegleiter, aber auch Angehörige wichtig, um richtig mit den Sterbenden umzugehen.

Die folgenden Sterbephasen hat Kübler-Ross für den Sterbeprozess dabei identifiziert:

  • Erste Phase: Nicht-Wahrhaben-Wollen - der betroffene Patient erfährt von seiner Krankheit, will aber die Realität noch nicht wahrhaben und hat die Hoffnung, dass die Anzeichen für den Sterbeprozess vielleicht nur ein Versehen sind.
  • Zweite Phase: Zorn - die Sterbenden sind sich dem Ende ihres Lebens bewusst, sind aber wütend und beleidigen möglicherweise auch gesunde Angehörige. Für diese ist es auch wichtig, auf sich selbst zu achten, dem sterbenden Patient aber nicht die kalte Schulter zu zeigen. Die Negativität ist lediglich ein Mittel, mit dem Sterbeprozess irgendwie zurechtzukommen und überdeckt Schmerz und Trauer.
  • Dritte Phase: Verhandeln - die dritte Sterbephase nach Elisabeth Kübler-Ross ist das Verhandeln um Zeit, um den Sterbeprozess zu stoppen. Angehörige sollten in dieser Phase keine Versprechungen machen, die sie nicht einhalten können, dürfen sich aber ruhig die Zeit nehmen und Dinge "erledigen", die machbar sind.
  • Vierte Phase: Depression - nun ist für die sterbenden Patienten eine neue Sterbephase eingetreten. Hier macht sich eine Niedergeschlagenheit breit, die Sterbende trauert um vergebene Chancen im Leben. "Vielleicht hätte ich dies und das machen sollen; warum habe ich das nicht einfach mal unternommen; etc.", sind Sätze, die Patienten in dieser Phase hören lassen. Am besten zuhören und nicht zu viel trösten, Fragen für die Zukunft regeln und die Sterbende unterstützen.
  • Fünfte Phase: Akzeptanz - diese Phase des Sterbeprozesses beschreibt Kübler-Ross als das Akzeptieren des eigenen Schicksals. Ein Patient braucht in dieser Phase keine große Unterstützung mehr und ist mit sich im Reinen. Es folgt nun der Wunsch der Sterbenden, sterben zu dürfen. Für Angehörige ist diese Sterbephase schwierig, da der sterbende Patient keinen großen Drang mehr hat, andere bei sich zu empfangen.

Sterbeprozesse: Das passiert in deinem Körper, während du stirbst

Doch auch aus Sicht der Medizin ist Sterben ein Prozess, in dem der Körper verschiedene Phasen durchläuft. Wenn das Herz aufhört zu schlagen, kann es die anderen Organe nicht mehr mit sauerstoffreichem Blut versorgen. Die Organe sterben nacheinander.

Bereits 30 Sekunden nach einem Herzstillstand stellt das Gehirn wegen des Sauerstoffmangels in der Regel alle Funktionen ein. Spätestens zehn Minuten danach kommt es für gewöhnlich zu irreversiblen Hirnschäden. Durch eine Herzdruckmassage lässt sich dieser Effekt hinauszögern, weswegen Wissen um Erste Hilfe auch so wichtig ist.

Die Großhirnrinde (hier sitzt das Bewusstsein, unsere Erinnerungen) braucht besonders viel Sauerstoff und Zucker durch das Blut. Sie erleidet als erstes Schaden, wenn das Herz das Gehirn nicht mehr versorgen kann. Bewusstseinsveränderungen, Halluzinationen oder sensorische Ausfälle und schließlich Bewusstlosigkeit sind die Folge.

Als letztes Areal ist bei sterbenden Menschen in fast allen Fällen das Zwischenhirn aktiv - es ist für lebenswichtige Funktionen wie Atmung, Herzschlag und die Reaktivierung anderer Hirnregionen zuständig.

Wie lassen sich Nahtod-Erfahrungen erklären?

Möchtest du (weiterhin) daran glauben, dass das helle Licht, das du siehst, dich in eine bessere Welt bringt? Dann überspringe diesen Absatz - oder lese die Geschichte zu dieser Nahtod-Erfahrung.

Nahtod-Erfahrungen lassen sich durch die Unterversorgung der Großhirnrinde erklären.

In den Scheitellappen, einem Teil der Großhirnrinde, sitzt unser Verständnis für die Integration sensorischer Informationen: Wo befinden wir uns gerade in einem Raum? Was ist in diesem Raum, wie bewegt es sich? Räumliche Aufmerksamkeit und Orientierung sitzen hier. Wenn die Scheitellappen nicht mehr richtig funktionieren, zum Beispiel weil sie unterversorgt werden (Stichwort Herzstillstand: es kommt kein sauerstoffreiches Blut mehr im Gehirn an), dann verlieren wir den Sinn für Körper und Raum. Es kann sich zum Beispiel ein Schwebe-Gefühl oder auch ein "Out-of-Body"-Eindruck einstellen - die oft berichteten außerkörperlichen Erfahrungen.

Auch der Temporallappen sitzt in der Großhirnrinde. Hier sitzt unser Gedächtnis, unser Sprachzentrum, der Hörsinn. Wenn er nicht mehr richtig funktioniert, dann können wir Halluzinationen bekommen: Erinnerungen sehen ("Mein Leben zog an mir vorbei"), Menschen ("Plötzlich war meine Oma da..."), Dinge hören.

Die Unterversorgung des Gehirns kann auch eine Enthemmung in der Signalübertragung bewirken. Das bedeutet, dass wir unsere Sinneseindrücke nicht mehr richtig verarbeiten können. Damit lässt sich das "Licht am Ende des Tunnels" erklären: Die unkontrollierten Signale der Sehzellen interpretiert das Gehirn als weißen Fleck, und da sich nach Ausfall der Augenbewegungen die Zellen zum Zentrum des Gesichtsfeldes hin konzentrieren, sieht man einen weißen Kreis, der zur Mitte immer heller wird.

Das Licht am Ende des Tunnels, das Schweben, die Beobachtungen - alles lässt sich neurologisch erklären: Also gibt es kein Leben nach dem Tod? Das wissen wir nicht. Wir können nur erklären, was medizinisch beim Sterben passiert.

Es gibt Nahtod-Erfahrungen, die sich nicht medizinisch erklären lassen. Patienten, die das Aussehen von Ärzten beschreiben können, die sie versorgt haben, als sie schon lange keinen Herzschlag mehr hatten, zum Beispiel.

Und wie fühlt sich Sterben an?

Der Tod hat unzählige Gesichter. Er kann nur drei Millisekunden dauern - zum Beispiel bei einem Schlag auf den Kopf - oder auch Tage, zum Beispiel beim Verdursten. Wie sich der Tod anfühlt, kommt ganz auf die Art des Sterbens an. Überlebende berichten:

  • Verbluten: Nach dem Verlust von eineinhalb Litern Blut fühlt man sich durstig, ängstlich, schwach. Dann wird einem schwindelig, man wird kurzatmig, verwirrt. Nach mehr als zwei Litern verliert man das Bewusstsein.
  • Sturz: Aus 145 Metern Höhe mit einer Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h tritt der Tod laut einer Hamburger Studie in Sekunden, selten Minuten nach dem Aufprall ein. Überlebende großer Fallhöhen berichten zudem von einem Gefühl, als würde die Zeit stehen bleiben.
  • Erfrieren: Überlebende Erfrierungsopfer berichten auch oft von einem Gefühl, als würde die Zeit stehen bleiben, außerdem von einem inneren Film: Die eigene Kindheit zum Beispiel läuft vor dem inneren Auge ab. Das Paradoxe am Erfrieren: Dem Betroffenen wird plötzlich heiß, und er reißt sich die Kleidung vom Leib. Das Phänomen wir auch paradoxes Entkleiden oder Kälteidiotie genannt. Endorphine sorgen für eine Art Rausch.

Wann wird ein Mensch in Deutschland für tot erklärt?

Früher galt ein Mensch als tot, wenn sein Herz und seine Atmung ausfielen. Doch durch die bessere medizinischen Möglichkeiten reicht das nicht mehr. Nur der Hirntod ist das einzig legale Kriterium für den Tod eines Menschen.

Zwei Ärzte müssen unabhängig voneinander die irreversibel erloschene Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms feststellen. In der Richtlinie der Regeln für die Feststellung des Todes der Bundesärztekammer heißt es: "Mit der Feststellung des endgültigen, nicht behebbaren Ausfalls der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms (irreversibler Hirnfunktionsausfall) ist naturwissenschaftlich-medizinisch der Tod des Menschen festgestellt."

Zwei Ärzte müssen unabhängig voneinander die irreversibel erloschene Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms feststellen.In derRichtlinie der Regeln für die Feststellung des Todes der Bundesärztekammerheißt es: "Mit der Feststellung des endgültigen, nicht behebbaren Ausfalls der Gesamtfunktion des Großhirns, des Kleinhirns und des Hirnstamms (irreversibler Hirnfunktionsausfall) ist naturwissenschaftlich-medizinisch der Tod des Menschen festgestellt."

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