Ein 41-Jähriger, der sich jahrelang an seiner Stieftochter vergangen hat, ist am Freitag am Wiener Landesgericht wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen und Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
„Ich habe sie nie berührt“, hatte der Angeklagte einem Schöffensenat versichert. Der Mann hatte 2014 über einen Bekannten in Serbien die Mutter des Mädchens kennengelernt. Bereits am darauffolgenden Tag fand die Verlobung statt, der Lkw-Fahrer nahm die Frau auch gleich mit nach Wien. Später wurde geheiratet. Die beiden Kinder der Frau - ein 2001 geborener Bursch und das 2004 geborene Mädchen - zogen nach einigen Monaten in der Wohnung des Stiefvaters ein.
Mit Geschenken „gefügig gemacht“
Von ihrem zehnten bis zu ihrem 13. Lebensjahr wurde das Mädchen dort laut Anklage regelmäßig missbraucht. Der Stiefvater habe sie mit Geschenken - Bargeld, Schuhe, Bekleidung - „gefügig gemacht“, berichtete die Staatsanwältin. Erst im August 2018 vertraute sich die inzwischen 15-Jährige einer Verwandten an. Die Mutter schenkte den Anschuldigungen des Mädchens dagegen zunächst keinen Glauben, hat mittlerweile aber die Scheidung eingereicht. Der Noch-Ehemann lebt nunmehr bei seinem eigenen Vater.
„Er hat die Taten nicht begangen“, hielt der Verteidiger der Anklage entgegen. Die Anschuldigungen hätten „keinen Realbezug“. Die Behauptung, in einer 50-Quadratmeter-Wohnung könne „beinahe jeden Tag ein Missbrauch stattfinden“, sei „nicht lebensnahe“. Die 15-Jährige sei „ein labiles, pubertierendes Mädchen, das von einem anderen Zweig der Familie beeinflusst ist“.
Stiefvater beschuldigt Opfer
Der Stiefvater erklärte, er habe das Mädchen niemals nackt gesehen, geschweige denn im Intimbereich berührt. Sie sei jedoch „eifersüchtig auf mich gewesen“ und habe ihn wiederholt von seiner Frau „weggezogen“. Die Kleine habe ihn auch „verführen“ wollen. Einmal, als er im Bett lag, habe sie sich zu ihm ins Bett gelegt und ihn am Bein berührt: „Ich habe geglaubt, es ist meine Frau.“ So sei es zum Samenerguss gekommen. Als er seinen Irrtum bemerkte, „habe ich sie angeschrien und gefragt, was sie da macht, und sie aus dem Zimmer geschmissen“.
Auf die Frage, warum ihn die 15-Jährige belaste, erwiderte der Angeklagte: „Ich weiß nicht, warum sie das macht.“ Die Stieftochter sei „ein schwieriges Kind“, gab er zu bedenken: „Sie möchte im Mittelpunkt stehen. Wenn es nicht so läuft, wie sie will, macht sie einen Aufstand. Sie ist halt ein Problemkind. Immer gewesen.“
Der Schöffensenat hatte am Ende nicht den geringsten Zweifel, dass die Schilderungen des Mädchens - diese waren unter Ausschluss der Öffentlichkeit erörtert worden - den Tatsachen entsprachen, stellte der Richter in der Urteilsbegründung klar. Der Stiefvater meldete gegen das Urteil Rechtsmittel an.