Millionen von Mormonengrillen befallen im US-Bundesstaat Nevada Straßen, Häuser und Gärten. Anwohner sind entsetzt, die Insekten werden auf Straßen zahlreich überfahren. PETBOOK erklärt, wie es zu dem Phänomen kommt und warum Kannibalismus eine treibende Kraft des Verhaltens der Insekten ist.
Felder, Straßen und Häuser im US-Bundesstaat Nevada befinden sich unter einer dunklen Schicht Millionen wimmelnder Insekten. Mehr als 100 Mormonengrillen pro Quadratmeter bewegen sich langsam fort und sind nicht aufzuhalten. Anwohner schließen sich in ihrem Zuhause ein, den Gang vor die Haustür meiden sie, wenn möglich. Wer doch vor die Tür tritt und sich fortbewegt, etwa mit dem Auto, hört das Ploppen zahlreicher Grillen, die überfahren werden. Die Insekten, die zur Ordnung der Heuschrecken gehören und deren Bezeichnung auf mormonische Siedler zurückgeht, haben mehrere Ortschaften im Westen der USA befallen. PETBOOK erklärt, was hinter dem Verhalten der auch als Grashüpfer bezeichneten Insekten steckt.
Vor örtlichem Krankenhaus kommt Schneepflug zum Einsatz
In zahlreichen, in den sozialen Medien viral gegangen Videos zeigen Anwohner ihre Häuser. Diese wimmeln nur so vor Mormonengrillen. Auf Häuserwänden, Wegen, Straßen und auch dem örtlichen Krankenhaus von Elko, im US-Bundesstaat Nevada, liegt ein dunkler Insekten-Teppich. Um Patienten in das Krankenhaus zu bringen, behelfen sich die Menschen mit ungewöhnlichen Mitteln und setzen neben Besen auch Laubbläser ein. Steve Burrows, kommunaler Direktor im Northeastern Nevada Regionalkrankenhaus berichtet dem US-amerikanischen Lokal-Fernsehsender „KSL-TV“ von weiteren Maßnahmen: „Einmal hatten wir sogar einen Traktor mit einem Schneepflug, um die Haufen von Grillen zu schieben und sie aus dem Weg zu bringen.“
Berichte von Kannibalismus unter Mormonengrillen
Das massenhafte Auftreten der Mormonengrillen, die sich flächendeckend über verschiedene Ortschaften in Nevada bewegen, veranlasst viele Anwohner dazu, sich in ihre Häuser zurückzuziehen. Wer gezwungen ist, das Haus zu verlassen, der begegnet unweigerlich einigen toten, womöglich überfahrenen, Exemplaren auf den Straßen. Eine Anwohnerin berichtet der internationalen Nachrichtenplattform „Insider“ von ihrer schaurigen Beobachtung: Um sich mit ihrem Auto fortbewegen zu können, habe sie unweigerlich einige Insekten überfahren müssen, da die Straße übersät gewesen sei. Dabei beobachtete sie, „wie die Lebenden umkehren, um ihre überfahrenen Freunde zu verschlingen“.
Von diesem Verhalten berichtet auch Jeff Knight, Insektenforscher des Landwirtschaftsministeriums von Nevada, dem Lokal-Fernsehsender „KSL-TV“. Er erklärt, dass die Grillen, die sich in einer Migrationsphase befinden, etwa zwei Kilometer pro Tag zurücklegen. Das Problem dabei sei, dass sie auf den Straßen unterwegs sind, was gefährliche Bedingungen schafft. „Sie werden überfahren, zwei oder drei kommen dazu und fressen ihren Kumpel und werden überfahren, und die Straßen können mit Grillen bedeckt und rutschig werden“, erklärt der Experte. Zum Problem können in diesem Zusammenhang nachmittägliche Gewitter in der Region werden. Dabei komme ein wenig Wasser auf die Straße und diese würden rutschig. „Wir hatten schon eine Reihe von Unfällen, die durch Grillen verursacht wurden“, so Knight. Doch wie lässt sich das Verhalten der Grashüpfer erklären, ihre toten Artgenossen zu verspeisen, mit denen sie sich vor wenigen Momenten noch in Reih und Glied fortbewegten?
Treibende Kraft des Insektenverhaltens ist bizarr
Die Mormonengrillen in Nevada treten zu Millionen im Schwarm auf, doch eigentlich sind sie Einzelgänger. Auf der Suche nach Nahrung verbreiten sie sich weitläufig in ihrem Lebensraum – das tun sie, um Artgenossen aus dem Weg zu gehen. Überlebenswichtig ist ihr Verhalten, da bei ihnen Kannibalismus üblich ist. Je näher sie ihren Artgenossen kommen, desto größer ist das Risiko, dass diese sie töten und fressen. Warum also dieser „Sinneswandel“?
Die Schwarmbildung stellt eine drastische Verhaltensänderung der Mormonengrillen dar. Ihr Auftreten ist jedoch ganz im Sinne der Natur und geschieht dann, wenn die Insekten enger zusammenrücken müssen – etwa aufgrund einer Lebensmittelknappheit. Die geordnete Bewegung als Schwarm sichert dabei das Überleben der Tiere. Denn jede Grille folgt den Artgenossen, die sich von ihr entfernen und flieht dabei gleichzeitig vor denen, die sich auf sie zubewegen. So entsteht des Überlebens willen die kollektive Bewegung im Schwarm, zeigen die Ergebnisse einer Studie aus dem Jahr 2012. Die Wissenschaftler bezeichnen Kannibalismus als treibende Kraft dieses Verhaltens.
Das Schwärmen der Grillen trete laut Jeff Knight in einem regelmäßigen, vier- bis sechsjährigen Zyklus auf. Danach verschwinden sie für eine Weile und legen eine sogenannte Ruhephase ein. Auf ihrer Nahrungssuche durch die Ortschaften Nevadas bewegen sich die Mormonengrillen glücklicherweise beständig fort. Den Angaben des Insektenforschers nach sollten die Grillen innerhalb von drei bis sechs Tagen verschwunden sein.