Tierische Therapeuten: Haustiere bei Depressionen

13.04.2021 11:44

Viele Haustierbesitzer können aus eigener Erfahrung bestätigen, was inzwischen zahlreiche Studien belegen: Hund, Katze und Co. wirken sich positiv auf die allgemeine Zufriedenheit aus und fördern entscheidend das Wohlbefinden. Aber stimmt es auch, dass Haustiere bei Depressionen helfen können?

Depressive Menschen ziehen sich häufig von ihrem sozialen Umfeld zurück, weil ihnen zum Beispiel die Kraft für Gespräche fehlt. Oder sie bemerken, dass sie das Interesse für Menschen und Dinge verlieren, die ihnen vorher wichtig waren. Andere wiederum verlieren ihr Selbstwertgefühl und denken, dass sie es nicht mehr wert sind, geliebt oder geschätzt zu werden.

Haustiere begegnen den Betroffenen aber immer vorurteilsfrei: Sie reagieren unabhängig vom Aussehen, dem Status oder der aktuellen Befindlichkeit wohlwollend und freundschaftlich auf den menschlichen Kontakt.

> Kennzeichen einer Depression

Zahlreiche Studien haben mittlerweile erwiesen, dass Haustiere bei Depressionen helfen können – vor allem wegen dieser bedingungslosen Zuneigung. Je nach Art und Schwere der Depression können Tiere die Symptome der Krankheit lindern und zu ihrer Heilung beitragen. So zeigt etwa eine Studie der Universität Bonn, dass Menschen, die aufgrund einer Krisensituation (zum Beispiel Tod eines Angehörigen oder Beziehungsprobleme) depressiv geworden sind, schneller genesen, wenn sie eine Katze als Haustier haben.

Haustiere helfen gegen die Einsamkeit

Die Patienten kommen nach Hause zurück – und werden freudig von ihrem vierbeinigen Hausgenossen begrüßt. Der hat die Rückkehr seines menschlichen Begleiters meist schon herbeigesehnt und bringt diese freudige Erwartung zum Ausdruck. Der Vierbeiner fordert Aufmerksamkeit ein und vermittelt seinem Besitzer dadurch das Gefühl, gebraucht zu werden. Kein Zweifel: Hunde und Katzen vertreiben die Einsamkeit, die erwiesenermaßen ein Auslöser für Depressionen oder depressive Schübe sein kann.

Wer ein Haustier sein Eigen nennt, hat stets einen Ansprechpartner zur Verfügung, der geduldig alle Sorgen und Probleme anhört. Auch wenn das Tier sie nicht verstehen kann – oft hilft es schon, wenn Betroffene ihre Sorgen aussprechen können.

Der soziale Rückzug gehört zu den typischen Begleiterscheinungen einer Depression. Wer mit seinem Hund zum Spaziergang aufbricht, begegnet unterwegs hingegen fast zwangsläufig anderen Menschen und kommt über das Tier mit ihnen Kontakt. Über das eigene Haustier lässt sich darüber hinaus hervorragend reden – und das auch mit völlig Unbekannten.

Tiere strukturieren den Tagesablauf

Gerade morgens aufzustehen stellt für viele Depressive eine besondere Herausforderung dar, weil sie sich antriebslos fühlen. Ein Haustier, das nach seinem Futter verlangt, oder ein Hund, der seine Gassi-Runde einfordert, ist für viele Menschen ein starker Anreiz, das Bett zu verlassen. Über den Verlauf des Tages hinweg gibt das Haustier zudem eine stärkende Struktur vor. Die Besitzer müssen Käfige säubern, das Futter auffüllen, oder die Katze verlangt nach einer Spielstunde. Mit diesen Aufgaben können Depressive ihre Antriebslosigkeit überwinden.

Hundebesitzer sind unter den Tierhaltern in gewisser Weise besonders bevorteilt: Sie müssen mit ihrem Tier regelmäßig nach draußen. Die Bewegung an der frischen Luft hat einen positiven Einfluss auf die seelische Gesundheit. Besonders Menschen, die an einer Winterdepression (saisonal-affektive Störung) aufgrund von Vitamin-D-Mangel leiden, können die Spaziergänge mehrmals täglich gut tun. Draußen erhalten sie mehr Sonnenlicht, ihr Körper produziert mehr Vitamin D, und der sogenannte „Winterblues“ wird schwächer.

Streicheleinheit für Körper und Seele

Der enge Kontakt zu Tieren wirkt sich nach aktueller Forschungslage insgesamt positiv auf das Wohlbefinden aus. Egal, ob der Patient einen Hund oder einen Hasen streichelt, die Berührung erhöht die Zufriedenheit und lindert Spannungsgefühle. Studien haben ergeben, dass der Körper bei der gemeinsamen Zeit mit Tieren verstärkt Serotonin ausschüttet. Dieses Hormon kann Stress verringern, die Entspannung fördern und Depressionen lindern. Zugleich sinkt der Anteil an Stresshormonen im Blut. Das Streicheln kann zudem den Blutdruck und die Pulsfrequenz senken und damit zur Entspannung und zum Wohlergehen depressiver Menschen beitragen.

Vom Streicheln können Depressive auch ohne eigenes Haustier, beispielsweise bei tiergestützten Therapien, profitieren. Es ist mittlerweile erwiesen, dass Patienten, die während ihrer Therapie Kontakt mit Hunden haben, sich schneller besser fühlen als diejenigen ohne Hunde-Umgang. Zudem hat eine deutsche Studie ergeben, dass depressive Menschen mit Hundekontakt vergleichsweise selten über Selbstmord nachdenken.

Voraussetzungen für die Haustierhaltung

Kommt nun ein tierischer Gefährte für den einzelnen Patienten infrage? Um diese Frage beantworten zu können, müssen die Betroffenen und ihre Therapeuten in sich gehen:

  • Wie schwer ist die Depression – trauen sie sich die zuverlässige Versorgung ihres Haustiers zu?
  • Gibt es im Notfall jemanden, der sich um das Tier kümmern kann?
  • Sind die nötigen finanziellen Mittel vorhanden?
  • Passt das Haustier zur Persönlichkeit?

Können all diese Fragen mit „ja“ beantwortet werden, steht der Auswahl eines geeigneten Vierbeiners nichts mehr im Wege.

Wer selbst kein Haustier halten kann oder darf, für den kommt unter Umständen die tiergestützte Depressions-Therapie infrage. In vielen Kliniken ist der Umgang mit Tieren mittlerweile ein fester Therapie-Bestandteil.

Quelle