Jedes Jahr werden Ende März die Uhren um eine Stunde vor gestellt – die Sommerzeit bricht an. Viele Menschen haben Probleme mit der Zeitumstellung: Tagelang schlafen sie schlecht, fühlen sich müde und können sich kaum konzentrieren. Doch was passiert eigentlich in unserem Körper, wenn wir eine Stunde „verlieren“? Ist die Veränderung schlecht für den Biorhythmus?
Deutschland hat die Sommerzeit 1980 eingeführt, seitdem haben sich viele Staaten weltweit dieser Zeitumstellung angeschlossen. Die Sommerzeit beginnt gewöhnlich am letzten Sonntag im März, wenn um zwei Uhr nachts die Uhren um eine Stunde nach vorne gestellt werden. Am letzten Sonntag im Oktober werden die Uhren dann wieder eine Stunde zurückgestellt, die Winterzeit bricht an. Sie ist übrigens die normale, „natürliche“ Zeit.
So funktioniert unser Biorhythmus
Der menschliche Organismus ist auf den Wechsel von Tag und Nacht ausgerichtet und folgt ihm in einem festen Rhythmus. Diesen sogenannten „zirkadianen“ Rhythmus geben verschiedene Hormone vor, die unser Körper zu bestimmten Uhrzeiten mal mehr, mal weniger produziert.
Eine Hauptrolle spielt dabei der suprachiasmatische Nukleus – ein winziger Teil des Gehirns. Er reagiert auf Lichtimpulse, die ihm der Sehnerv weiterleitet. Je nachdem, wie stark die Lichtsignale sind, schüttet er verschiedene Hormone aus.
Wird es dunkel, veranlasst er die Produktion von Melatonin: Je dunkler es ist, desto mehr Melatonin wird ausgeschüttet. Das Schlaf-Hormon senkt unseren Blutdruck und unsere Atemfrequenz. Wir werden müde und gehen schlafen. Mit den ersten Lichtstrahlen lässt der suprachiasmatische Nukleus dagegen das Wachmacher-Hormon Cortisol ausschütten. Jetzt beschleunigen sich viele Körperfunktionen wieder und wir werden fit für den Tag.
Verstellen der inneren Uhr
Die Zeitumstellung bringt den Zeitpunkt durcheinander, an dem bestimmte Hormone ausgeschüttet werden, und damit auch unsere „innere“ Uhr. Zu der Uhrzeit, an der Tage vorher die ersten Lichtstrahlen die Cortisol-Produktion angeregt haben, ist es jetzt noch dunkel. Der Körper sieht damit keine Veranlassung, mehr vom Wachmacher-Hormon zu produzieren. Stehen wir trotzdem auf, befindet sich noch zu wenig Cortisol in unserem Körper und wir fühlen uns schlapp.
Umgekehrt gilt: Gehen wir abends etwa wie immer um 22 Uhr ins Bett, wäre es ohne die Zeitumstellung eigentlich erst 21 Uhr. Unser Biorhythmus ist es nicht gewohnt, die Körperfunktionen um diese Uhrzeit schon zu verlangsamen. Er hinkt eine Stunde hinterher und orientiert sich noch an der Winterzeit.
Mini-Jetlag
Der durcheinander gebrachte Hormonhaushalt bewirkt, dass sich viele Menschen wie nach einem längeren Flug fühlen: unwohl und müde. Ihr Kreislauf kommt nur schwer in Schwung, was zu Schwindelgefühlen und Antriebslosigkeit führen kann. Auch Einschlafprobleme und Schlafstörungen sind häufige Folgen. Manche Menschen können sich zudem schlechter als sonst konzentrieren, sind kraftlos und haben Stimmungsschwankungen.
Die Müdigkeit kann sich sogar auf den Straßenverkehr auswirken. Studien belegen, dass es am Montag nach der Sommerzeit-Umstellung zu mehr Unfällen als üblich kommt.
Weitere negative Auswirkungen
Die Zeitumstellung bringt bei einigen Menschen die Verdauung aus dem Takt, Durchfall oder Verstopfung sind die Folge. Andere wiederum haben weniger Appetit.
Die Umstellung auf die Sommerzeit steht im Verdacht, das Risiko für Herzinfarktekurzzeitig zu erhöhen. Ärzte in Krankenhäusern berichten immer wieder, dass sie an den Tagen nach der Zeitumstellung mehr Menschen wegen Herzproblemen behandeln.
Ob die Sommerzeit unsere innere Uhr allerdings so stark durcheinander bringt, dass wir langfristig gesundheitliche Probleme bekommen, ist noch nicht ausreichend belegt. Die Zeitumstellung wirkt sich meist nur kurz auf unseren Körper aus. Mögliche Beschwerden halten etwa drei Tage bis zwei Wochen an. Danach hat sich unsere innere Uhr normalerweise an den neuen Tag-Nacht-Rhythmus gewöhnt.
Das hilft dem Biorhythmus
Weil dem Körper in der Samstagnacht eine ganze Stunde Schlaf verloren geht, kann es helfen, mehrere Tage davor jeweils etwas eher schlafen zu gehen. Dadurch ist der Einschnitt weniger stark, und es erleichtert den Übergang.
Auch wenn es vielen schwerfällt, am Sonntagmorgen aufzustehen: Viel Licht am Morgen kurbelt die Cortisol-Ausschüttung an und bringt unseren Kreislauf in Schwung. Je mehr Licht wir in der ersten Tageshälfte erhalten, desto fitter fühlen wir uns und desto weniger Beschwerden treten auf. Bewegung regt den Kreislauf zusätzlich an. Am besten draußen aktiv werden, da der Körper dabei viel Sonne tanken kann – wenn es das Wetter zulässt.
Am Abend dagegen Licht so gut es geht meiden. Denn je weniger Lichtsignale ans Gehirn geleitet werden, desto mehr schlafförderndes Melatonin kann produziert werden. Vor der Schlafenszeit keine Smartphones oder ähnliche elektronische Geräte mehr nutzen. Sie strahlen kalt-weißes, bläuliches Licht aus, das die Lichtrezeptoren der Netzhaut stark reizt und dem Gehirn signalisiert, dass es noch Tag ist. Gegen Einschlafprobleme können sanfte Mittel aus Hopfen, Baldrian oder Melissenblättern helfen, weil sie die Entspannung fördern.
Eine gesunde Ernährung mit vielen Vitaminen und Mineralstoffen kann dazu beitragen, Beschwerden wie Müdigkeit oder Konzentrationsschwierigkeiten abzumildern. Daher auf Lebensmittel mit ausreichend Eisen, B-Vitaminen oder Magnesium achten.
Sommerzeit abschaffen?
Immer mehr Menschen fordern die Abschaffung der Sommerzeit, da sie gesundheitliche Beschwerden verursacht, sonst aber wenig Nutzen bringt. Ursprünglich wurde sie eingeführt, um Energie einzusparen. Zwar sind die Tage länger, und die Menschen brauchen daher abends weniger künstliches Licht, aber dennoch: Diese Annahme, Energie zu sparen, konnte bisher nicht bestätigt werden. Bis die Sommerzeit tatsächlich abgeschafft werden könnte, werden wohl noch Jahre vergehen. Dafür müssten sich alle europäischen Ländern einig sein, was nicht der Fall ist. Würde Deutschland alleine die Sommerzeit abschaffen, könnte das beispielsweise zu wirtschaftlichen Problemen führen.
Einen Vorteil hat die Sommerzeit zumindest: Wir können warme Sommerabende länger im Hellen genießen und haben damit eine Stunde mehr Zeit, um draußen aktiv zu sein.