Urgetreide versus Weizen – was ist gesünder?

15.08.2019 13:27

Urgetreide wie wildes Einkorn, Dinkel, Kamut und Emmer wird heute wieder vermehrt angebaut und gilt als besonders gesund.

Eine weit verbreitete Annahme unter Lifestyleexperten und Anhängern einer gesunden Ernährung lautet: Nudeln, Brot, Brötchen und andere Produkte aus alten Getreidesorten haben nicht nur einen aromatischeren Geschmack, sondern sind auch bekömmlicher als solche aus dem heutigen Weizen oder Roggen. Lesen Sie hier, was genau Urkorn bzw. Urgetreide ist, was es von modernen Getreidesorten unterscheidet und ob es wirklich leichter zu verdauen ist, wie behauptet.

Was ist Urgetreide?

Dinkel, Einkorn und Emmer sind die bespelzten Formen von Weizen: Ihre Körner sind von einer Schutzschicht, dem sogenannten Spelz, umgeben. Einkorn ist eine der ältesten Urgetreidearten der Welt. Der Halm von Einkorn trägt ein einzelnes Körnchen. Ihm verdankt das Getreide seinen Namen. Dinkel und Emmer haben je zwei Körner pro Ähre. Emmer heißt deswegen auch Zweikorn. Der heutige Nacktweizen hat keinen Spelz als Schutzschicht.

Das Urgetreide Emmer hat eine dunkle Färbung und ist besonders zum Backen von Brot mit Sauerteig oder Hefe geeignet. Mit Einkorn können Sie gut Pfannkuchen, Waffeln oder Kuchen backen, die Teige werden eher etwas fester. Im Laden gibt es Emmer und Co. in ganzen Körnern oder als Mehl.

Wo wird Urkorn angebaut?

Im Nahen Osten bauten die Menschen bereits vor 10.000 Jahren Urgetreideartenwie zum Beispiel Emmer, Einkorn oder Dinkel an. Da dieses alte Getreide nicht sonderlich ertragreich war, probierten die Menschen immer neue Anbauverfahren und Verarbeitungsmethoden aus. So kreuzten sie Wildgrassorten in das Getreide ein. Alle Weizenarten, die heute angebaut werden, sind aus diesen ersten Züchtungen entstanden. Wilder Emmer ist die Urform unseres heutigen Kulturweizens.

In Deutschland erleben die naturbelassenen Urgetreide-Sorten gerade eine Renaissance. In Bioläden laufen Produkte aus Ur-Roggen, Ur-Gerste und Zweikorn herkömmlichen Weizenprodukten den Rang ab, auch weil sie würziger schmecken. Auch das Bier aus den Ur-Sorten ist sehr aromatisch.

> Wenn nicht Gluten das Problem ist: Weizen-Unverträglichkeit

Was ist der Unterschied zwischen Urgetreide und heutigen Getreidesorten?

Im Vergleich zum modernen Weizen sind die Erträge niedriger und die Verarbeitung ist aufwendiger. Denn die Spelzgetreide müssen nach dem Dreschen in einem weiteren Arbeitsschritt entspelzt werden. Dabei geht auch immer etwas vom Korn verloren. Der Spelz, der das Korn umgibt, bringt allerdings auch Vorteile. Er schützt das Getreide vor Schadstoffen aus der Luft und anderen Umwelteinflüssen.

Außerdem sind die Pflanzen sehr robust und widerstandsfähiger gegenüber Krankheitserregern. Deshalb benötigen sie kaum chemische Pflanzenschutzmittel und wenig Dünger. Da die Urgetreide zudem recht geringe Nährstoffansprüche an den Boden stellen, eignen sie sich ideal als Kulturpflanzen im ökologischen Landbau. Sie wachsen sogar auf nährstoffarmen Böden, auf denen der Anbau von Weizen nicht möglich wäre. Das schont den Boden und fördert die Artenvielfalt.

Ist Urgetreide gesünder?

Urgetreide gilt wie Pseudogetreide (Quinoa, Amaranth, Buchweizen) als gesund. Urgetreidesorten haben einen relativ hohen Eiweißgehalt und eine höhere Konzentration an Spurenelementen. Der Anteil an Kohlenhydraten entspricht etwa dem der heutigen Getreidesorten.

Emmer enthält  besonders viel Vitamin E. Die alten Getreidearten sollen die Sehkraft erhöhen und den Cholesterinspiegel senken. Viele Menschen, die am Reizdarm-Syndrom leiden, schwören auf Produkte aus Urgetreide. Sie berichten, dass typische Symptome wie Durchfall, Blähungen und Krämpfe besser werden. Der hohe Gehalt an Carotinoiden soll außerdem gut für das Herz-Kreislauf-Systemsein.

Heutige Getreidesorten sind aber nicht ungesünder oder unbekömmlicher als die Ursorten. Interessanterweise unterscheiden sich laut einer Studie der Universität Hohenheim die Bestandteile von Urgetreide wie Emmer oder Dinkel nur wenig von unseren modernen Weizensorten. Die Forscher vermuten aber, dass das Urgetreide-Brot bekömmlicher ist, da der Teig mehr Zeit zum Gehen hat, bevor er in einer kleinen Bäckerei in den Ofen kommt.

Für Menschen mit Zöliakie ist Urgetreide allerdings keine Alternative, da diese ebenfalls Gluten enthalten. Wer auf eine abwechslungsreiche Ernährung achtet und gerne einmal neue Produkte – oder in diesem Fall alte – ausprobiert, sollte dies unbedingt tun.

Quelle