Durch die angespannte wirtschaftliche Lage steigt auch der Kostendruck auf die Gastronomie. In England gibt ein veganes Restaurant dem nun nach – und bietet auch Fleischgerichte an.
Sei es aus Gesundheitsgründen, zum Wohle der Tiere oder für ein besseres Gewissen: Immer mehr Menschen treffen für sich die Entscheidung, auf tierische Produkte zu verzichten und sich vegan zu ernähren. Einfacher wird das, weil auch in Supermärkten und Restaurants immer mehr vegane Optionen angeboten werden. Das Restaurant Nomas im englischen Macclesfield geht nun aber einen Schritt in die andere Richtung – und bietet nun auch Gerichte auf Fleisch- und Milchbasis an, um sich am Markt zu halten.
"Es ist sehr schwer, nur mit dem Verkauf veganen Essens im Geschäft zu bleiben", erklärt Besitzer Adonis Norouznia gegenüber der "BBC". Er hat das Restaurant vor drei Jahren eröffnet, setzte als "Gastrobar" auf Smoothies, Sandwiches und Leckereien – auschließlich auf Pflanzenbasis. Doch das wurde angesichts der immer angespannteren finanziellen Lage der letzten Monate immer schwieriger. DIe Kosten stiegen, die Zahl der Gäste aber nicht. "Wenn manche Leute sehen, dass wir ein veganes Angebot haben, gehen sie wieder", berichtet er. "Nur auf Vegan zu setzen reicht nicht, um mein Personal zu bezahlen und meine Familie zu ernähren."
"Vegan reicht nicht"
Schweren Herzens hatte er deshalb in einem Facebook-Post die Entscheidung verkündet. "Die Herausforderungen, mit denen wir uns in letzter Zeit konfrontiert sahen, waren tiefgreifend", beschrieb er dort das Problem. Wegen der rein veganen Karte seien einfach zu wenige Gäste gekommen, um finanziell auszukommen. "[N]ach reiflicher Überlegung und Abwägung", habe man sich deshalb entschieden, "eine sorgfältig zusammengestellte Auswahl an hochwertigen, verantwortungsvoll beschafften Fleisch- und Milchprodukten in unsere Speisekarte aufzunehmen."
Bei der Community löste das eine ganze Bandbreite von Reaktionen aus. Viele Gäste drücken ihr Verständnis aus. "Wenn man in Supermärkten einkauft, die tierische Produkte anbieten, kann man auch weiter hier essen", wirbt etwa Nutzerin Bex Patrick. Andere sehen die Argumentation als Ausrede. "Tausende nicht-vegane Restaurants mussten 2023 schließen", merkt etwa eine Nutzerin bei Facebook an. "Hätten die einfach mehr Fleisch anbieten müssen, um zu überleben?"
Zustimmung und Drohungen
Laut Norouznia wären die meisten Reaktionen allerdings verständnisvoll – und teils sogar positiv. "Viele haben schon vorher angefragt und sagen nun: Endlich kann ich meinen Partner mitbringen", berichtete er dem "Guardian". Er wirbt weiter für Verständnis. "Wenn ich ein 100 Prozent veganes Restaurant betreibe, spreche ich eben nur fünf Prozent des Marktes an", erläutert er.
Bei besonders engagierten Veganern trifft er allerdings auf wenig Verständnis. Schon kurz nach der Entscheidung begannen einige, das Restaurant mit Ein-Sterne-Wertungen zu bombardieren. Viele von ihnen offenbar, ohne je dort gegessen zu haben. Sogar Drohungen erhielt Norouznia. "Sie sagen: 'Stirb, du schlachtest Tiere und wirst Organe verkaufen'", wundert er sich über die Reaktionen. "Entspannt euch mal." Er werde darauf achten, dass die Qualität des Fleischs genauso hoch sei wie die bei den bisherigen Speisen, versichert der Gastronom. Aus seiner Sicht ändert sich ohnehin wenig: "Wir bieten eben nun zusätzlich ein paar Essen für die vielen andern Menschen an, die nicht vegan sind."