Angela Merkel verlässt die Konrad-Adenauer-Stiftung. Der Abschied der Ex-Kanzlerin aus dem CDU-Universum geht weiter.
Es gibt Nachrichten, die für sich genommen nicht besonders bedeutend wirken, wohl aber, wenn man sich die Frage stellt: Kommt da noch mehr? Angela Merkel hat die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) verlassen. Das berichtete jüngst der "Spiegel". Die KAS gilt, wie man so sagt, als CDU-nahe Denkfabrik. Die Ex-Kanzlerin und langjährige Parteichefin saß im Vorstand. Ihren Platz hat nun Friedrich Merz eingenommen. Kommt da noch mehr?
Der Vorsitzende der KAS, Norbert Lammert, hat schon vor Monaten versucht, Merkel zum Bleiben zu überreden – vergebens. Merkel ist lange genug dabei, um zu wissen, dass man sich nun an den 3. Oktober 2021 erinnern wird. In Halle hielt sie ihre letzte Rede als Kanzlerin zum Tag der Deutschen Einheit. Merkel berichtete damals von einem Beitrag, der ein Jahr zuvor erschienen war – in einem Buch der Konrad-Adenauer-Stiftung. Darin hieß es über die Kanzlerin: "Sie, die als 35-Jährige mit dem Ballast ihrer DDR-Biografie in den Wendetagen zur CDU kam, konnte natürlich kein von der Pike auf sozialisiertes CDU-Gewächs altbundesrepublikanischer Prägung sein." 35 Jahre Leben, nichts als Ballast? Darüber hat sich Merkel sehr geärgert, auch, so die Kanzlerin damals in Halle, weil viele Ostdeutsche "solche Bewertungen immer wieder erlebten". Das Wort "Ballast" sei für sie wie ein "kleiner Schlag in die Magengrube" gewesen, sagte sie jüngst im ZDF.
Zu ihrem Abschied von der KAS ließ Merkel verlauten, ihre Entscheidung sei nicht gegen die Stiftung gerichtet. Sie wolle nur ihr Leben frei gestalten. Auch die Ballast-Episode, so ist zu hören, sei nicht ausschlaggebend gewesen. Trotzdem stellt sich die Frage: Wie viel an Merkels allmählichem Rückzug aus den CDU-Welten ist persönliche Ruhestandsplanung – und wie viel wachsende Distanz? Steht die Ballast-Episode nicht doch beispielhaft für die Erkenntnis Merkels und der CDU, dass sich nur entfremdet, was nie zusammenpasste? Ist es vorstellbar, das sie am Ende sogar die Partei verlässt?
Angela Merkel und der Ballast
Merkel hat früh klargemacht, dass sie in der CDU keine aktive Rolle mehr spielen wolle, im Sinne ihrer Nachfolger. Schon im Wahlkampf 2021 hatte sie sich nur widerstrebend zu Auftritten für den Kanzlerkandidaten Armin Laschet überreden lassen. Sie verzichtete auf den Ehrenvorsitz, auch weil er, ernst genommen, mit der Teilnahme an Gremiensitzungen einhergegangen wäre. Jetzt kehrt sie der KAS den Rücken – wieder ein paar Versammlungen weniger. Man möchte sagen: Merkel wirft Ballast ab.
Dass sie sich aber ganz von der CDU verabschiedet, erscheint sehr unwahrscheinlich. Merkel weiß, dass sie der Partei viel zu verdanken hat. Und sie kann damit leben, dass umgekehrt heute manche so tun, als habe Merkel der Partei geschadet. Dass ihr einstiger Rivale Friedrich Merz Partei und Fraktion anführt, wird sie nicht zu Begeisterungsstürmen hinreißen, aber auch nicht aus der Union treiben.
Merkel kann dieser Tage hie und da lesen, dass Menschen in der CDU und ihrem Milieu verschnupft auf den Abschied von der KAS reagierten. Weggefährten fühlten sich alleingelassen, heißt es. Die "Welt" titelte über ihrem Kommentar: "Merkel lässt ihre Partei im Stich." Vermutlich amüsiert sich Merkel über eine Ambivalenz, die sie schon länger beobachten kann. Da wird zwar ständig ein Neuanfang der CDU gefordert und betrieben, um die Merkel-Ära zu überwinden – und doch sorgt es stets für Irritationen, wenn sie tatsächlich wieder einen weiteren Schritt zur Seite tritt.