Wer an Fledermäuse denkt, wird wohl zunächst Blut und spitze Zähne vor dem geistigen Auge haben. Doch die Welt der kleinen Säuger ist vielfältiger als viele ahnen. In Südamerika zum Beispiel gibt es winzige Fledermäuse mit gelben Ohren, die in Zeltstädten aus Blättern wohnen und mit Vorliebe Feigen aussaugen. PETBOOK stellt die faszinierende Weiße Honduras-Fledermaus näher vor.
Nicht erst seit dem Roman „Dracula“ vom irischen Autor Bram Stoker haben Menschen Angst oder zumindest Respekt vor Fledermäusen jeder Art und Größe. Jeder Art? Wahrscheinlich nicht. Denn die von Früchten lebende Weiße Honduras-Fledermaus sieht doch eher niedlich als furchteinflößend aus.
Weiße Zwergfledermaus hört auf viele Namen
Die Weiße Honduras-Fledermaus zählt zu den Zwergfledermäusen. Sie misst höchstens 47 Millimeter und ist ein wahres Leichtgewicht, das nicht schwerer als fünf bis sechs Gramm wird. Entgegen dem Namen findet man die Tiere nicht ausschließlich in Honduras, sondern auch in Nicaragua, Costa Rica und Teilen Panamas. Dort leben sie vor allem im tropischen Regenwald.
Ein weiterer Name für die Art lautet Gelbohrfledermaus – auch wenn dieser häufiger für die Gemeine Zeltfledermaus verwendet wird. Allerdings hat die Weiße-Honduras-Fledermaus noch einen dritten Namen und der ist Programm. Warum sie auch Karibische Weiße Zelt-Fledermaus genannt wird, wird klar, wenn man sich die faszinierende Lebensweise der Tiere einmal genauer ansieht.
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Weiße Honduras-Fledermaus baut Zeltstädte aus Blättern
Sie gehört zu einer der wenigen Fledermausarten, die in einer Kolonie von bis zu 17 Tieren in einem eigens erstellten Blatt-Zelt lebt. Dazu schneiden die Tiere vorwiegend mit den Zähnen aus Falschen Paradiesblumen oder auch der Calathea, die in ihrer tropischen Heimat wachsen, einige Venen des Blattes aus der Mitte heraus, bis die Seiten sich nach unten wölben. Anschließend verschwinden sie darunter und können dieses Zelt etwa acht Wochen benutzen, bis das Blatt abstirbt. Wenn sie sich darin befinden, klammern sie sich vor allem an der Decke fest und bilden eine Traube, die sie warm hält.
Innerhalb ihrer Blätterbehausung bilden sie kleine Kolonien. Ähnlich wie in Zelten, die Menschen verwenden, ist das Klima unterhalb der „Plane“ ein bisschen anders als draußen. Die Weiße Honduras-Fledermaus erzeugt ein Mikroklima, das circa 23 Grad warm ist und stets gleichbleibend feuchtwarm ist. Das Zelt schützt natürlich auch vor Wind und Regen. Allerdings haben sie nicht nur ein einziges Blatthaus, sondern bauen sich kleine Zeltstädte, die sich in ihrem Habitat verteilen und die sie abwechselnd nutzen.
Woher die ungewöhnliche Farbe der Fledermaus kommt
Wenn man nun denkt, die weißen Fledermäuschen hätten ihr Potenzial für Außergewöhnlichkeit ausgeschöpft, der irrt. Denn auch die Gründe für ihre besondere Färbung sind außergewöhnlich. Die Farbe in Gliedmaßen, Ohren und ihrer blattförmigen Nase haben die Tiere wahrscheinlich, da sie sich fast ausschließlich von Feigen ernähren, also Frutarier sind.
Die auch zu den Fruchtvampiren gehörenden Tiere sind die einzigen Säugetiere, die Carotinoide in ihrem Körper anreichern können. Dies ist in hoher Konzentration in der Schale von Feigen enthalten. Leuchten sie also besonders gelb, sind sie wohl gerade sehr satt und zufrieden. Eine Studie aus 2019 beschreibt sogar eine Tendenz der Weibchen, sich eher mit Männchen mit besonders gelb leuchtenden Nasen zu paaren.
Weißes Fell dient vermutlich der Tarnung
Die Feigen futternden Fledermäuse sind darüber hinaus eine von nur sechs Arten, die weißes Fell ausbilden. Diese Besonderheit findet sich nur auf dem amerikanischen Doppelkontinent und eigentlich auch nur bei Gespenstfledermäusen. Darüber, welche Vorteile die Mini-Fledermaus durch ihr weißes Fell hat, gibt es einige Vermutungen.
Eine Theorie besagt, dass das weiße Fell und auch die gelben Ohren der Tiere zur Tarnung dienen. Denn bei Sonneneinstrahlung reflektieren die Tiere die grüne Farbe der sie umgebenden Blätter in ihrem neutral gefärbten Fell und Ohren. Es handelt sich bei ihnen also um keine Form von Albinismus, sondern um den sogenannten Leuzismus, auch Farblosigkeit genannt. Eine weitere Erklärung für die gute Tarnkraft des weißen flauschigen Fells könnte sein, dass wenn Licht durch das Blattzelt fällt, die Tiere zusammengekuschelt wie ein großes Wespennest aussehen und so Fressfeinde abschrecken.
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