Markus W. wurde von Gil Ofarim beschuldigt, Antisemit zu sein. Eine Behauptung, die sich nun als falsch herausstellte. Doch sein altes Leben bekommt Markus W. nicht mehr zurück.
An die erste Begegnung mit Gil Ofarim erinnerte sich Markus W. noch gut, sie sollte sein Leben für immer verändern. Am 4. Oktober 2021 hatte Ofarim behauptet, im Westin Hotel Leipzig antisemitisch diskriminiert worden zu sein. Hotelmitarbeiter Markus W. habe ihn beim Einchecken aufgefordert, die Kette mit dem Davidstern abzunehmen. Eine Lüge, wie am Ende rauskam.
W. wusste das schon lange, zwei Jahre musste er mit der Gewissheit durchs Lebens gehen, Opfer einer Falschaussage zu sein. Für ihn hat das nicht umkehrbare Konsequenzen. Noch immer leide er unter Schlafstörungen und sei in psychologischer Behandlung, erzählte er in seiner Vernehmung im Leipziger Landgericht. Auch den Job im Westin Leipzig habe er nicht mehr: "Es ist schwer, wenn man dort immer wieder in den gleichen Räumlichkeiten herumläuft. Es holt einen immer wieder ein. Es war nie weg."
Die Tage und Wochen nach Ofarims Anschuldigungen haben sich in sein Gedächtnis eingebrannt: Das Telefon habe "ununterbrochen geklingelt, eine Demo war vor dem Hotel angemeldet worden". Die Kollegen haben geweint, und es war dramatisch, wirklich schlimm." Der Druck sei "unvorstellbar" gewesen, sagte W. Er habe sich an einem geheimen Ort in Sicherheit gebracht.
Gil Ofarim: Markus W. leidet bis heute wegen seiner Falschaussage
Entscheidend geholfen hat bei den Ermittlungen vor allem die Arbeit eines Forensikers. Dirk Labudde hat den Fall bis ins Detail auseinander genommen und die Frage beantwortet, ob Ofarim wirklich gut sichtbar die Davidstern-Kette trug.
Dafür habe er die Videos der Überwachungskamera "zunächst in einzelne Bilder zerlegt und deren Qualität mit klassischen Bildbearbeitungstechniken sowie Künstlicher Intelligenz verbessert", wie der Gutachter dem Gericht berichtete. Ofarims Kette habe er nicht finden können, dafür andere Details wie eine Holzkette und sogar die einzelnen Nieten auf Ofarims Lederjacke.
In einem zweiten Schritt ließ der Forensiker den Vorfall mit Statisten im besagten Hotel nachspielen. Ofarim gab dafür sogar seine Kette mit dem Davidstern her.
Beim Nachstellen war ein Unterschied zu sehen, eine deutliche Reflexion der Kette. Bedeuten musste das demnach, dass die Kette während des eigentlichen Vorfalls 2021 nicht zu sehen gewesen sein konnte.
Eine Beobachtung, die Markus W. entlasten konnte – neben vielen Zeugenaussagen. Für den Hotelmanager veränderte Gil Ofarims anschließendes Geständnis viel: "Die Vorwürfe treffen zu. Herr W., ich möchte mich bei Ihnen entschuldigen, es tut mir leid", sagte Ofarim am 28. November im Saal 115 des Landgerichts Leipzig. W. nahm die Entschuldigung an. Möglicherweise der Beginn eines Neuanfangs.
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