Frauen treffen die Folgen des Klimawandels besonders stark, in der Schwangerschaft, durch Gewalt oder fehlende medizinische Hilfe. Doch die wenigsten Staaten haben einen konkreten Plan, wie diese Effekte abgemildert werden können, zeigt eine neue Studie der UN.
Die Klimakrise beeinflusst die Gleichstellung der Geschlechter – im negativen Sinn. Von 119 Staaten berücksichtigen nur 38 Maßnahmen, um die geschlechtsspezifischen Effekte der Klimakrise abzumildern. Das zeigt eine aktuelle Studie des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA).
"Das Klima wirft uns im Kampf um die Gleichstellung der Geschlechter zurück", sagt Angela Baschieri, Politikberaterin beim UNFPA und zuständig für Klimafragen. Sie formulierte den Report mit. "Unser Anliegen ist es, dass die Klimapolitik die unterschiedlichen Auswirkungen auf Frauen anerkennt und bei der Gestaltung der Politik berücksichtigt."
Frauen sind stärker vom Klimawandel betroffen
Frauen und Personen, die schwanger werden können, treffen demnach die Effekte der Klimakrise besonders stark. Einige Beispiele:
- Hitze, Dürren und Wasserknappheit wirken sich negativ auf die Gesundheit von Schwangeren und Neugeborenen aus. Extreme Hitze wurde in mehreren Untersuchungen beispielsweise mit Früh- und Totgeburten assoziiert.
- Epidemien und Krankheiten, die sich durch Extremwetter leichter ausbreiten können, können eine Gefahr für Schwangere sein.
- Studien zeigen, eine erhöhte Arbeitsbelastung und Stress durch den Klimawandel kann in der Schwangerschaft zu niedrigem Geburtsgewicht bei Kindern beitragen.
- Forschende fanden vielfach Belege, dass klimabedingte Notlagen den Zugang zu lebensnotwendigen Gütern einschränken – einschließlich Verhütungsmitteln, sicheren Abtreibungen und Geburtshilfe.
- Hitze, Extremwetterereignisse und die Klimakrise wirken sich auf die Gewaltbereitschaft gegen Frauen aus, zeigen gleich mehrere Studien. Ein Beispiel: 2011 trafen zwei Tropenstürme den Inselstaat Vanuatu im Südpazifik. Danach stiegen die Fälle häuslicher Gewalt um 300 Prozent.
Die Effekte sind vielfältig – doch nur ein Drittel der Staaten adressiert dieses Problem. Das kritisiert auch der UN-Generalsekretär António Guterres: "Überall sind Frauen und Mädchen den größten Bedrohungen und dem größten Schaden ausgesetzt. [...] Und überall sind Frauen und Mädchen weitgehend von den Räumen ausgeschlossen, in denen Entscheidungen getroffen werden."
Gesundheit und Verhütung wird selten mitgedacht
Die Studie veröffentlichte der UNFPA am Dienstag in Zusammenarbeit mit der Queen Mary University of London. Es ist die erste Veröffentlichung, die sich bei den Klima-Maßnahmen darauf konzentriert, ob Staaten auch Pläne für die sexuelle und reproduktive Gesundheit ihrer Bevölkerung haben.
Nur 38 Staaten halten in ihren Klimaplänen den Zugang zu Empfängnisverhütung oder Gesundheitsdiensten für Mütter und Neugeborene fest. Und nur 15 beziehen sich auf Gewalt gegen Frauen.
Vorbilder können im Geburtsbereich beispielsweise Paraguay, die Seychellen oder Benin sein. Diese Länder haben festgehalten, dass ihre Gesundheitssysteme klimaresilienter gemacht werden müssen, damit Frauen und Schwangere eine sichere Gesundheitsversorgung haben.
Weiterhin haben El Salvador oder Sierra Leone konkrete Pläne, um dem Problem der geschlechtsspezifischen Gewalt zu begegnen. Und Vietnam ist das einzige Land, das zugibt, dass es in Krisenzeiten mehr Kinderheiraten gibt. Eine Studie aus Bangladesch kam 2019 unter anderem zu dem Ergebnis, dass in Jahren mit monatelangen Hitzewellen bis zu 50 Prozent mehr Mädchen im Alter zwischen 11 und 14 Jahren verheiratet wurden. Die überwiegende Mehrheit der Staaten adressiert dieses Problem jedoch nicht.
Vulnerable Gruppen besser schützen
Neben der vorliegenden Studie kommt ein Report von Climate Adapt zu einem vergleichbaren Ergebnis. Climate Adapt ist eine Plattform der EU zur Wissensvermittlung. Dort heißt es, viele Städte in Europa würden vulnerable Gruppen bei ihren Klimaanpassungsplänen nicht ausreichend integrieren, wie kranke, ältere oder schwangere Personen. Diese könnten sich schlechter selbst schützen und würden in vielen Plänen nicht genug mitgedacht.
In dem Bericht der UN appellieren Forschende deshalb an die Regierungen. "Wir wissen, dass der Klimawandel Frauen unverhältnismäßig stark betrifft und nicht genderneutral ist", so die UNFPA-Politikberaterin Angela Baschieri. "Also müssen wir diese Lücken und Auswirkungen angehen."
Das Problem hat auch die Bundesregierung erkannt. So fördert das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung beispielsweise explizit Projekte, die sich für eine Gleichberechtigung der Geschlechter in der Bekämpfung der Klimakrise einsetzen.
Der UN-Bevölkerungsfondsfordert weltweit mehr dieser Zusammenarbeiten. Auch sollte die Forschungslage in Genderfragen in Bezug auf die Klimakrise ausgebaut werden. Zudem bräuchte es resilientere Gesundheitssysteme, mehr Gelder und eine breiter aufgestellte Vertretung von Frauen und anderen betroffenen Gruppierungen.
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