Betrunken von Brot oder Nudeln? Das gibt es tatsächlich und ist gar nicht so witzig, wie es im ersten Moment klingen mag. Das Eigenbrauer-Syndrom ist eine extrem seltene Darmerkrankung, bei der im Körper Alkohol entsteht wie beim Bierbrauen. Das kann unangenehme bis gefährliche Folgen haben.
Was ist das Eigenbrauer-Syndrom?
Was sind die Ursachen des Eigenbrauer-Syndroms?
Was sind die Symptome beim Eigenbrauer-Syndrom?
Wie erkennt der Arzt das Eigenbrauer-Syndrom?
Wie wird das Eigenbrauer-Syndrom behandelt?
Wie kann man vorbeugen?
Wie sind die Heilungschancen?
Was ist das Eigenbrauer-Syndrom?
Beim Eigenbrauer-Syndrom, auch genannt Auto-Brewery Syndrome oder Gut Fermentation Syndrome, sorgen im Übermaß vorhandene Hefepilze im Darm dafür, dass Kohlenhydrate in Alkohol umgewandelt werden. Sie setzen einen Gärungsprozess in Gang wie im Braukessel. Die entstehenden Alkohole Ethanol, Butanol und Methanol gelangen direkt ins Blut und machen den Patienten betrunken.
Wenn das Syndrom längere Zeit nicht behandelt wird, können die Alkohole die Leber irreparabel schädigen, was im Extremfall lebensbedrohlich sein kann. Menschen mit Eigenbrauer-Syndrom weisen also Trunkenheitssymptome auf, ohne ein alkoholisches Getränk konsumiert zu haben. Ein großer Teller Pasta hat auf sie möglicherweise die gleiche Wirkung wie auf andere ein paar Gläser Wein.
Das kann zu erheblichen Missverständnissen im sozialen Umfeld führen, denn Betroffenen wird leicht eine heimliche Alkoholsucht unterstellt. Die Krankheit ist weitgehend unbekannt. Das Eigenbrauer-Syndrom tritt mit sehr geringer Häufigkeit auf und ist kaum erforscht.
Was sind die Ursachen des Eigenbrauer-Syndroms?
Beim Eigenbrauer-Syndrom werden im Darm Kohlenhydrate in Alkohol umgewandelt. Dieser Gärungsprozess entsteht aufgrund einer übermäßigen Besiedelung mit Hefepilzen im Darm, vor allem den Saccharomyces cerevisiae. Dieser Hefepilz kommt auch beim Bierbrauen zum Einsatz. Eine gesunde Darmflora, also die guten Darmbakterien, sorgt normalerweise dafür, dass sich derlei Pilze nicht so extrem im Darm ausbreiten können. Wenn die Darmflora allerdings gestört ist, was zum Beispiel nach einer Behandlung mit Antibiotika der Fall sein kann, hat ein Hefepilz leichteres Spiel.
Zum Gärungsprozess gehören jedoch auch noch die in Alkohol umzuwandelnden Kohlenhydrate. Er kommt in Gang, wenn der Patient diese in Form von Getreideprodukten, Kartoffeln oder Zucker zu sich nimmt.
Der Hefepilz spielt also eine entscheidende Rolle beim Eigenbrauer-Syndrom. Allerdings haben viele Menschen einen Hefepilz im Darm, ohne ein Eigenbrauer-Syndrom zu entwickeln. Eine gesunde Darmflora hält sein Wachstum in Schach. Bei den Betroffenen haben sich die Hefen in völligem Übermaß ausgebreitet, oft nachdem eine längere Behandlung mit Antibiotika die gesunde Darmflora zerstört hatte. Da aber auch nicht regelmäßig Patienten nach Antibiotika-Einnahme ein Eigenbrauer-Syndrom aufweisen, ist die derzeit noch zu erforschende Frage, welche weiteren Faktoren es begünstigen. Beim Eigenbrauer-Syndrom handelt es sich weltweit um ein sehr seltenes Phänomen, zu dem es bislang nur wenige Einzelfallstudien gibt.
Was sind die Symptome beim Eigenbrauer-Syndrom?
Das Eigenbrauer-Syndrom ruft die gleichen Symptome hervor wie übermäßiger Alkoholgenuss: erhöhte Alkoholwerte im Blut, Rauschzustand mit allen bekannten Nebenwirkungen, einschließlich des anschließend eintretenden Katers. Nur treten sie eben nicht nach dem Verzehr alkoholischer Getränke auf, sondern nachdem die Betroffenen kohlenhydrathaltige Speisen und Getränke zu sich genommen haben. Weitere Symptome sind:
- Schwindel
- Verzögerte Reaktion
- Koordinationsstörungen
- Artikulationsstörungen
- Konzentrationsschwäche
- Übelkeit
- Kopfschmerzen
- Muskelschmerzen
Was sind die Folgen des Eigenbrauer-Syndroms?
Der Zustand der Trunkenheit kann neben dem körperlichen Unwohlsein und der Schmerzen verschiedene unangenehme Folgen haben, zum Beispiel das Unfallrisiko im Alltag, vor allem im Straßenverkehr.
Nicht zu unterschätzen sind die eventuellen psychosozialen Folgen, wenn dem Patienten nicht geglaubt wird, dass er keinen Alkohol getrunken hat, und eine heimliche Alkoholsucht unterstellt wird.
Er ist außerdem in den Verrichtungen des täglichen Lebens eingeschränkt, kann sich zum Beispiel nicht ans Steuer setzen. Möglicherweise kann er auch seiner Arbeit nicht mehr nachgehen.
Wird die Krankheit lange nicht erkannt und behandelt, kann die permanente Alkoholisierung die Leber irreparabel schädigen. Auch das Krebsrisiko steigt.
Wie erkennt der Arzt das Eigenbrauer-Syndrom?
Da das Eigenbrauer-Syndrom weltweit sehr selten vorkommt, ist es vielen Ärzten kaum bekannt. Deshalb kann es zu Missverständnissen kommen und der Patient eher mit Alkoholismus diagnostiziert werden, nachdem in seinem Blut erhöhte Alkoholwerte festgestellt worden sind.
Hilfreich bei der Diagnose ist, wenn der Patient einen Zusammenhang herstellen kann zwischen seinem Zustand und dem Verzehr von Kohlenhydraten. Falls er eine längere Behandlung mit Antibiotika hinter sich hat, sollte er darauf unbedingt hinweisen.
Bei der Untersuchung einer Stuhlprobe kann der Hefepilz festgestellt werden. Facharzt für Darmerkrankungen ist in der Regel der Gastroenterologe.
Wie wird das Eigenbrauer-Syndrom behandelt?
Die Therapie beim Eigenbrauer-Syndrom setzt auf verschiedene Komponenten: Aushungern oder medikamentöse Bekämpfung des Hefepilzes, Wiederherstellung einer gesunden Darmflora.
Dem für die Gärung im Darm verantwortlichen Hefepilz kann der Patient die Nahrung entziehen, indem er eine strikte Low-Carb-Diät einhält und auf Lebensmittel und Getränke verzichtet, die Kohlenhydrate und Zucker enthalten.
Gleichzeitig empfiehlt es sich, eine gesunde Darmflora mit probiotischen Bakterien aufzubauen. Neben entsprechenden Präparaten aus der Apotheke mit probiotischen Milchsäurekulturen finden sie sich in probiotischen Lebensmitteln wie Kefir, Joghurt oder Sauerkraut.
Außerdem werden beim Eigenbrauer-Syndrom Medikamente gegen den Pilzbefall verordnet.
Wie kann man vorbeugen?
Da es sich beim Eigenbrauer-Synrom um eine extrem seltene und kaum erforschte Krankheit handelt, ist es schwierig, Empfehlungen zur Vorbeugung zu geben. Hilfreich kann in jedem Fall sein, durch den Verzehr probiotischer Lebensmittel eine gesunde Darmflora aufzubauen beziehungsweise zu erhalten, insbesondere nach der Einnahme von Antibiotika.
Wie sind die Heilungschancen?
Wenn der Patient auf seine Ernährung achtet und eine strenge Low-Carb-Diät einhält, kann er beschwerdefrei bleiben. Es kann jedoch sein, dass er diese ein Leben lang einhalten muss.
Und was denken Sie daran ?