Jüdische AfD-Mitglieder aus Hessen wollen eine Vereinigung innerhalb der Partei gründen. Das hat unter Vertretern jüdischer Gemeinden scharfe Kritik hervorgerufen, denn das Verhältnis der AfD zum Antisemitismus ist höchst problematisch.
Jüdische Parteimitglieder wollen sich in der AfD zu einer Vereinigung zusammenschließen. Die sogenannte "JAfD" will sich laut einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" am 7. Oktober gründen. Als Redner sind Beatrix von Storch und Joachim Kuhs genannt. Außer ihnen sollen der Autor Michael Klonovsky und der Sprecher des hessischen AfD-Landesverbandes Robert Lambrou zu Wort kommen.
"Die AfD ist die einzige Partei der Bundesrepublik, die (...) muslimischen Judenhass thematisiert, ohne diesen zu verharmlosen", schrieb Gründungsmitglied Dimitri Schulz am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Eine "Masseneinwanderung junger Männer aus dem islamischen Kulturkreis" sei wegen deren "antisemitischen Sozialisation" jüdischem Leben in Deutschland abträglich.
Schulz: nur vereinzelt Antisemiten in der AfD
Jüdisch und AfD-Mitglied zu sein, sei kein Widerspruch, findet Schulz. "Dass sich in den Reihen der AfD einzelne tatsächliche Antisemiten (...) finden, leugnen wir nicht; nur wird in der öffentlichen Wahrnehmung der Einfluss dieser einzelnen Mitglieder maßlos überschätzt."
Vertreter jüdischer Gemeinden kritisieren die Gründung hingegen scharf. Es sei ihr "völlig unverständlich", wie "jüdische Menschen ihre Mitgliedschaft in einer solchen Partei vor sich selbst rechtfertigen können", sagte die frühere Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, der "Bild"-Zeitung. "Die AfD ist und bleibt eine Partei, in der Antisemiten sich pudelwohl fühlen können", fügte Knobloch hinzu.
Legitimation, um gegen Muslime zu agitieren
Elio Adler vom Berliner Verein "WerteInitiative" sagte, die Partei benutze Juden als "Feigenblatt für plumpen AfD-Rassismus". Die vermeintliche Juden-, beziehungsweise Israelfreundschaft diene "zur Legitimation, um gegen Muslime zu agitieren".
Auch Maram Stern vom Jüdischen Weltkongress warnte davor, dass Juden die AfD legitimieren könnten. "Ich glaube nicht, dass man der AfD einen Koscherstempel geben sollte", sagte er. Der ehemalige Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Michael Friedmann, bezeichnete die AfD in der "Bild" als "menschenverachtende, demokratiefeindliche Partei". "Niemand sollte in die AfD eintreten, ein Jude erst recht nicht", sagte Friedmann.
Felix Klein: AfD duldet antisemitische Ausfälle
Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, sagte zu "Bild", die AfD als Ganzes sei zwar nicht antisemitisch, dulde aber antisemitische Ausfälle wie die Relativierung der nationalsozialistischen Gewaltverbrechen. Das Engagement von Juden innerhalb der AfD werfe daher "einige Fragezeichen auf".
Es bleibt die Frage, wie sich jüdische AfD-Mitglieder zu antisemitischen Aussagen und Tendenzen innerhalb der rechten Partei stellen. Es gibt ausreichend Äußerungen und Berichte, die starke antisemitische Tendenzen in der AfD erkennen lassen. Da gab es die Rede des Rechtsaußens Björn Höcke, der das Holocaust-Mahnmal in Berlin als "Denkmal der Schande" bezeichnete" und so eine deutsche Schuld am Holocaust implizit deutlich relativierte. Der Saarländische Landesverband musste wegen rechtsextremistischer Tendenzen aufgelöst werden. In Baden-Württemberg sorgten die antisemitischen Äußerungen des Landtagsabgeordneten Wolfgang Gedeon für Schlagzeilen. Aussteiger wie der fränkische Politiker Franz Eibl berichteten schon vor Jahren von massiven antisemitischen Äußerungen zahlreicher Parteimitglieder. “Der Judenhass in Teilen der AfD war bereits zu meiner Zeit unerträglich, sagte Eibl vor einem Jahr der "Huffington Post“. Ganz offen zeigen Vertreter der AfD immer wieder Nähe zu Rechtsextremisten wie der Identitären Bewegung, zu Pegida und anderen Gruppen, wie zuletzt in Chemnitz.
Der Antisemitismus-Experte Gideon Botsch urteilte vor Monaten im Deutschlandfunk, die AfD zeige "ein einseitig instrumentelles Verhältnis zum Antisemitismus". Dieser werde immer nur dann wichtig, "wenn er sich mobilisieren lässt gegen andere Minderheiten, insbesondere gegen muslimische Communities in Deutschland und gegen Flüchtlinge". Andere Facetten des Antisemitismus thematisiere die AfD nicht.
UMSTRITTENE PRESSEMITTEILUNG
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Im vergangenen Monat hieß es in einer Pressemitteilung der AfD-Niedersachsen, dass die Partei Vielfalt nicht förderwürdig findet. Das kann man verurteilen oder man kann darüber reden. NEON entschied sich für Letzteres und sprach mit dem niedersächsischen AfD-Abgeordneten Harm Rykena.
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