Schlechte Laune hat jeder mal, auch mal länger als nur ein, zwei Tage. Doch eine Depression ist mehr als miese Stimmung oder tiefe Trauer. Besser gesagt: Sie ist anders. Vor allem ist sie eine psychische Erkrankung, die behandelt werden muss. Wir erklären die charakteristischen Kennzeichen einer Depression.
Depressionen sind enorm verbreitet. Von 100 Menschen erkranken in Deutschland etwa 16 bis 20 mindestens einmal in ihrem Leben daran. Dennoch wissen viele nicht, was das psychische Leiden eigentlich genau ausmacht. Sind depressive Menschen einfach sehr, sehr traurig? Oder eher schlecht gelaunt?
Wenn die Welt auf einmal dunkel wird
Depressionen sind eine psychische Erkrankung, die grundsätzlich jeden treffen kann. Menschen, die depressiv sind, erleben und bewerten Dinge ganz anders, als gesunde. Die Krankheit äußert sich aber vor allem in intensiven negativen Gefühlen und Gedanken, die im Extremfall zum Suizid führen können.
Depressionen treten meist zum ersten Mal im frühen Erwachsenenalter auf. Bei manchen Menschen bleiben sie ein einmaliges Ereignis. Bei anderen kehren sie im Laufe des Lebens immer wieder. Depressionen können chronisch werden, vor allem, wenn sie lange andauern oder sich in immer kleiner werdenden Abständen wiederholen.
Depression: Kennzeichen der Erkrankung
Anders als ein gebrochener Arm oder ein Ausschlag, ist eine Depression als Erkrankung nach außen hin nicht sichtbar. Die Betroffenen verhalten sich nur auf einmal ganz anders. Sie selbst können diese Veränderung oft am wenigsten nachvollziehen und fragen sich: „Was ist bloß los mit mir?“
Haupt- und Nebensymptome
Psychische Erkrankungen haben häufig eine Vielzahl von Symptomen, die nicht alle auf einmal oder bei jedem Menschen gleich ausgeprägt sind. Psychologen und Psychater orientieren sich bei der Diagnose einer Depression dennoch an bestimmten Haupt- und Nebensymptomen:
Als Hauptsymptome einer Depression gelten:
- Ein starkes Gefühl der Traurigkeit bis hin zur Verzweiflung und totalen Hoffnungsloskeit
- Ein Desinteresse an der Umwelt (Menschen, Ereignisse, Dinge)
- Keinerlei Freude am Leben mehr
- Antriebslosigkeit, die dazu führt, dass alltägliche Verrichtungen (duschen, sich anziehen, kochen) zur Kraftanstrengung werden
Zu den Nebensyptomen zählen:
- Appetitlosigkeit (seltener gesteigerter Appetit): Die Betroffenen haben keine Lust zu essen und empfinden die Notwendigkeit zur Nahrungsaufnahme als Belastung.
- Schlafstörungen (bleierne Müdigkeit oder zu wenig Schlaf). Typisch für Depressionen: ein Erwachen in den frühen Morgenstunden, bei dem sofort negative Gefühle einsetzen („Morgengrauen“).
- Konzentrations- und Entscheidungsstörungen: Depressive Menschen können sich nur schwer konzentrieren − sei es beim Lesen oder beim Zuhören. In Situationen, in denen sie (auch nur einfachste) Entscheidungen treffen sollen, fühlen sie sich überfordert.
- Geringes Selbstwertgefühl: Das Gefühl, nichts Wert zu sein, ergreift von den Betroffenen Besitz. Leistungen oder Erfolge der Vergangenheit zählen nicht mehr oder werden geleugnet.
- Schuldgefühle: Viele Depressive denken, schuld an Dingen zu sein, auf die sie keinen Einfluss haben oder hatten. Auch ihre Depression erkennen sie nicht als Erkrankung an, sondern machen sich selbst für ihren Zustand verantwortlich („Es geschieht mir recht, dass ich mich so fühle“).
- Pessimistische Zukunftsgedanken: Depressive Menschen malen ihre Zukunft schwarz. Sie haben keinerlei Hoffnung auf Besserung ihres Zustandes und entwickeln darum in einigen Fällen Selbsttötungsgedanken.
Es gilt: Liegen über einen Zeitraum von zwei Wochen oder länger mindestens zwei Haupt- und zwei Nebensymptome vor, ist der Betroffene wahrscheinlich an einer Depression erkrankt. Letztendlich muss jedoch ein Arzt im Gespräch mit dem Patienten die Diagnose stellen.
Dabei erkundigt er sich vor allem nach Beschwerden, die auf eine Depression hinweisen. Zum anderen versucht er durch Untersuchungen Erkrankungen auszuschließen, die ähnliche Symptome verursachen können (zum Beispiel Störungen der Schilddrüse).
Hilfestellung bei der Diagnose: Testfragen
Betroffene wissen häufig nicht, ob die Veränderungen in ihrem Denken und Fühlen „noch normal“ oder schon Kennzeichen einer Depression sind. Auch Angehörige oder Freunde fragen sich das, wenn sie Veränderungen an einer vertrauten Person feststellen.
Es gibt in der Psychologie einige Sets an Fragen, die helfen sollen, Depressionen besser und schneller zu erkennen. Die folgende Fragen sind zum Beispiel Teil eines Tests, der von Dr. Ivan Goldberg, einem Psychater, entwickelt wurde:
- Erscheint Ihnen Ihre Zukunft hoffnungslos?
- Sind Dinge, die Ihnen früher wichtig waren, auf einmal ohne Bedeutung?
- Fällt es Ihnen schwer, sich zu konzentrieren?
- Haben Sie Schuldgefühle oder das Gefühl, Sie hätte eine Strafe verdient?
- Können Sie gute Dinge, die Ihnen wiederfahren, nicht mehr schätzen?
- Hat sich in letzter Zeit Ihr Essverhalten geändert und haben Sie zu- oder abgenommen?
- Fällt es Ihnen schwer, Entscheidungen zu treffen?
- Fühlen Sie sich rastlos und kommen Sie kaum mehr zur Ruhe?
- Empfinden Sie Gefühle wie Freude, Trauer oder Wut weniger intensiv als früher?
Wer mehrere Fragen mit „Ja“ beantwortet, sollte im Gespräch mit seinem Arzt herausfinden, ob er an einer Depression leidet. Dann kann eine entsprechende Behandlung eingeleitet werden (Medikamente, Psychotherapie). Je früher die Depression therapiert wird, desto größer ist die Chance der Betroffenen, wieder völlig gesund zu werden und in ihr altes Leben zurückkehren zu können.
Darum werden Menschen depressiv
Gefühle wie Traurigkeit oder Verzweiflung werden bei gesunden Menschen durch äußere Ereignisse ausgelöst. Bei einer Depression ist das anders. Zwar sind belastende Erlebnisse ein entscheidender Faktor bei ihrer Entstehung. Doch eine Depression hat immer auch innere Ursachen, auf die der Betroffene keinen Einfluss nehmen kann.
Man geht heute davon aus, dass Depressionen durch ein komplexes Zusammenspiel ganz unterschiedlicher Faktoren ausgelöst werden:
Innere Einflüsse (endogene Faktoren):
Es scheint eine Veranlagung für Depressionen (Fachbegriff: Prädisposition) zu geben. Häufig sind innerhalb einer Familie mehrere Menschen unterschiedlicher Generationen betroffen.
Auch bestimmte Persönlichkeitsmerkmale wie ein geringes Selbstwertgefühl oder extremer Perfektionismus können – im Zusammenspiel mit anderen Faktoren – dafür sorgen, dass eine Depression entsteht.
Äußere Einflüsse (exogene Faktoren):
Traumatische Erlebnisse in der Kindheit können eine Depression auslösen. Ebenso können belastende Ereignisse wie eine Kündigung oder Scheidung dafür sorgen, dass Menschen, die durch endogene Faktoren vorbelastet sind, an einer Depression erkranken.
Botenstoffe geraten aus dem Gleichgewicht
Unabhängig davon, welche Faktoren die Ursache bilden, ist bei depressiven Menschen das Gleichgewicht zwischen bestimmten neurologischen Botenstoffen verändert. Ihr Stoffwechsel im Gehirn ist aus dem Takt geraten und die Nervensignale werden langsamer übertragen als bei Gesunden.
Medikamente können diese neurologischen Veränderungen günstig beeinflussen. Diese sogenannten Anti-Depressiva sind dadurch in vielen Fällen ein wirksames Mittel, um die Symptome einer Depression deutlich zu lindern.
Und was denken Sie daran ?