Wohl jeder von uns kennt dieses unangenehme Gefühl wenn einem das Herz sprichwörtlich bis zum Hals schlägt. Gelegentliches Herzrasen ist nichts Ungewöhnliches und in den meisten Fällen auch völlig harmlos. Dennoch erzeugt es bei vielen Menschen Angst und Unwohlsein wenn die lebenswichtige Muskelpumpe scheinbar ohne Grund Vollgas gibt. Herzrasen ist für gewöhnlich eine Reaktion unseres Körpers auf eine gefahrenreiche oder anstrengende Situation. Nach einem anstrengenden Workout im Fitness-Studio schlägt unser Herz schneller – und das ist auch gut so!
Ein ganzes Netzwerk aus Nerven und Rezeptoren registriert ununterbrochen die Blutversorgung unseres Körpers. Erscheint die Versorgung für die aktuelle Situation zu gering, reagiert der Organismus mit einer Steigerung von Blutdruck und Herzfrequenz. Bei häufigem Herzrasen sollte unbedingt ein Arzt aufgesucht werden, da sich eine ernste Erkrankung dahinter verbergen kann. Hin und wieder leidet aber jeder von uns einmal unter dem unangenehmen Symptom. Lesen Sie hier, wie etwa eine leichte Massage am Hals das Herz wieder beruhigen kann und was Sie sonst noch gegen Herzrasen tun können.
Massage am Hals stoppt Herzrasen
Kommt es plötzlich zu einem Anfall von Herzrasen, kann eine leichte Massage bestimmter Punkte am Hals zu einer raschen Besserung führen. Hierzu sollte auf beiden Seiten exakt jene Stellen ausgewählt werden, an denen sich auch der Puls der Halsschlagader überprüfen lässt. Mit Zeige- und Mittelfinger führt der Betroffene schließlich sanfte, kreisende Bewegungen aus, ohne jedoch zu viel Druck auszuüben. Häufig kann bereits nach weinigen Minuten eine deutliche Verminderung der Herzfrequenz festgestellt werden. Besonders wichtig ist dabei zu beachten, dass diese Maßnahme ausschließlich im Sitzen oder Liegen durchgeführt wird. Denn: Nicht nur das Herzrasen verschwindet, auch der Blutdruck kann absinken. Im Stehen ausgeführt bestünde so die Gefahr von plötzlichen Kreislaufproblemen. Um zu verstehen warum die leichten Halsmassagen gegen plötzliches Herzrasen hilfreich sind, muss man über die dortigen anatomischen Gegebenheiten Bescheid wissen.
Druckrezeptoren werden gereizt
Exakt an der Stelle, an der wir am Hals unseren Puls messen, befindet sich die Gabelung der großen Halsschlagader (Arteria carotis communis) in ihren inneren (A. carotis interna) und äußeren (A. carotis externa) Ast. Die innere Halsschlagader versorgt einen großen Teil des menschlichen Gehirns, während der äußere Ast die meisten außerhalb des inneren Schädels liegenden Strukturen des Kopfes durchblutet. Direkt am Beginn der inneren Halsschlagader befindet sich eine kleine Erweiterung im Gefäß, hier liegt der sog. Karotissinus – lateinisch als Sinus caroticus bezeichnet. In der Gefäßwand dieser Struktur befinden sich sog. Pressorezeptoren; feine Nervenendigungen die den Blutdruck innerhalb der Arterie messen. Die Rezeptoren sind über verschiedene Nervenbahnen des 9. Hirnnervs (Nervus glossopharyngeus) mit dem Teil des Gehirn verbunden, der für die Regulation von Blutdruck und Herzfrequenz (Kreislaufzentrum) verantwortlich ist.
Dieses Areal des Zentralnervensystems wird in der medizinischen Fachsprache als Medulla oblongata – das verlängerte Mark – bezeichnet und liegt am Übergang von Gehirn und Rückenmark im Bereich unseres Genicks. Registrieren die Pressorezeptoren eine Druckerhöhung im Blutgefäß, senden sie elektrische Impulse an das Gehirn. Das Kreislaufzentrum reagiert mit einer sofortigen Drosselung der Herzfrequenz und einem Absinken des Blutdruckes. Durch die Massage am Hals erfolgt eine Reizung dieser Rezeptoren – ihnen wird gewissermaßen ein erhöhter Blutdruck „vorgetäuscht“.
Nase zuhalten ebenfalls hilfreich
Der Betroffene versucht hierbei, kräftig auszuatmen. Gleichzeitig hält er sich für mindestens 10 Sekunden Nase und Mund zu. Folge ist hierbei eine starke Anspannung der Bauch- und Atemmuskulatur. Außerdem erhöht sich der Luftdruck in den gesamten Atemwegen signifikant. Alternativ kann zum Druckaufbau auch die Stimmritze verschlossen werden. Diese gegen Herzrasen sehr hilfreiche Methode wurde von dem italienischen Mediziner Antonio Maria Valsalva (1666 – 1723) entwickelt und wird als Valsalva-Manöver oder Valsalva-Versuch bezeichnet.
Durch den herbeigeführten erhöhten Druck im Brustkorb reduziert sich der Blutfluss in den zum Herzen führenden Venen signifikant. Folge ist eine geringere Blutmenge in der rechten Herzkammer, was ein kleineres Schlagvolumen notwendig macht. Hat sich schließlich auch das Blut in dem zum linken Herzen führenden Lungenkreislauf erniedrigt, sinkt die Herzfrequenz deutlich ab – unangenehmes Herzrasen lässt sich somit einfach behandeln. Länger als 10 Sekunden am Stück sollte dieses Verfahren aber nicht angewendet werden, da ansonsten ein Kreislaufkollaps droht.
Das Valsalva-Manöver findet übrigens noch weitere Anwendungen in der medizinischen Diagnostik:
- Für eine radiologische Untersuchung der Beinvenen kann der Blutfluss reduziert werden, was eine bessere Beurteilung der Verhältnisse ermöglicht.
- Das Valsalva-Manöver führt zu einem Druckausgleich im Mittelohr, wodurch sich das Trommelfell leicht nach außen wölbt. Dies ist vorteilhaft für eine HNO-ärztliche Untersuchung.
- Beim Abhören (Auskultieren) eines Patienten mit Hypertropher Kardiomyopathie (Verdickung der Herzwände) führt das Valsalva-Manöver zu einem systolischen Pressstrahlgeräusch, was eine Erleichterung der kardiologischen Diagnostik des Krankheitsbildes darstellt.
Bei häufigem Herzrasen Arzt aufsuchen
Sollte das Herzrasen besonders häufig vorkommen, muss unbedingt ein Arzt aufgesucht werden. Keinesfalls sollte es hier bei den genannten Selbsthilfemethoden belassen werden, da eine ernste und behandlungsbedürftige Erkrankung dahinterstehen könnte. Ist bereits eine Herz-Kreislauf-Erkrankung bekannt, sollte ebenfalls nicht mit den Tipps gearbeitet werden. Hier ist eine professionelle Therapie angezeigt.
Typische Auslöser von Herzrasen sind:
- Schilddrüsenüberfunktion
- Blutarmut (Anämie)
- Medikamente und Drogen
- Stimulantien (v. a. Koffein)
- Vergiftungen
- Nikotin
- Stress
- Hormonelle Störungen (z. B. Wechseljahre)
- Hyperkinetisches Herzsyndrom
- Arterielle Hypertonie (Bluthochdruck)
- Erkrankungen der Herzklappen
- Koronare Herzkrankheit
- Blutverlust (z. B. Verletzungen)
- Schock
- Lungenembolie
- Kammerflimmern
- Vorhofflimmern
- Störungen des Erregungsbildungssystems
Leicht wirksam, wenn auch nicht so effektiv wie die o. g. Methoden ist übrigens auch das rasche Trinken eines kohlensäurehaltigen Getränkes mit anschließendem Aufstoßen.
© medizin.de 2014 (Gunnar Römer)
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