Für Schwerkranke ist der Tod ein allgegenwärtiges Thema, für dessen Aufarbeitung meist mehr Zeit benötigt würde, als diese Menschen tatsächlich noch haben. Tagtäglich müssen diese sich mit der Angst vor dem baldigen Sterben auseinandersetzen. In den Hospizen werden den Kranken daher geschulte Psychologen zur Seite gestellt, die ein offenes Ohr für die Sorgen und Ängste der Bewohner haben. Doch manchmal bedarf es auch mehr als nur eines menschlichen Begleiters.
Der Franzose Hassen Bouchakour erkannte in seinem Pferd „Peyo“ bereits sehr früh die Eigenschaft, die Bedürfnisse von Menschen zu erkennen und auch auf diese zu einzugehen. Mit diesem ganz besonderen Talent war der Grundstein für Peyos Karriere als Therapiepferd gelegt. Sein Besitzer Hassen hätte sich ganz bestimmt niemals zu träumen gewagt, wie vielen sterbenskranken Menschen er mit dieser Entscheidung helfen würde.
Zweimal im Monat besuchen Hassen und Peyo das Krankenhaus „La Chartreuse“ in Dijon, Frankreich. Welche Krankenzimmer Peyo bei seinem Besuch betritt, entscheidet der 14-jährige Hengst dabei ganz allein. Mit seiner sensiblen Art scheint Peyo einen „sechsten Sinn“ dafür entwickelt zu haben, welche der Patienten seine Hilfe am meisten benötigen.
Als Therapiepferd hat Peyo schon viele Menschen kommen und gehen sehen, doch das Schicksal eines bestimmten Mannes scheint dem mitfühlenden Pferd ganz besonders nahezugehen. Denn als der Hengst das Zimmer des todkranken Raymond zum ersten Mal betritt, scheint er sofort eine tiefe Verbindung mit dem von der Krankheit gezeichneten Mann einzugehen. Fast scheint es so, als würden die beiden auf einer höheren Ebene miteinander kommunizieren, ohne dabei einen Laut von sich zu geben. Fortan besucht Peyo seinen kranken Freund, wann immer er im Krankenhaus zu Besuch ist.
Doch Raymonds Zustand verschlechtert sich zusehends und als der geschwächte Mann merkt, dass sich seine Zeit dem Ende zuneigt, äußert er während eines Besuches von Peyo seinem Besitzer Hassen gegenüber einen allerletzten Wunsch: Er möchte das Krankenhaus verlassen, um in seinem Zuhause, im Kreise seiner Familie, sterben zu dürfen. Seinen letzten „Gang“ aus diesem Krankenhaus möchte er daher unbedingt mit Freund Peyo gemeinsam bestreiten. Hassen erfüllt Raymonds letzten Wunsch und holt ihn gemeinsam mit Peyo am Tag seiner Entlassung in dessen Krankenzimmer ab.
Seite an Seite gehen die beiden Freunde die langen Korridore des Krankenhauses entlang, bis sie zum Parkplatz der Klinik gelangen, wo Raymonds Krankentransport bereits auf ihn wartet. Zärtlich tauschen Peyo und Raymond noch ein paar letzte Streicheleinheiten aus. Die Pfleger warten unterdessen geduldig und geben den beiden Freunden die Zeit, die sie für diesen endgültigen Abschied benötigen.
Peyo scheint es dabei schwerzufallen, seinen kranken Freund ziehen zu lassen, und begleitet ihn auch noch bis zu seinem Krankentransport.
Kaum ist der Transporter mit Raymond außer Sichtweite, kehrt Peyo in das leere Krankenzimmer zurück, das bis eben noch das Zuhause seines guten Freundes war.
Am 12. Dezember verstarb Raymond im Kreise seiner Familie, so, wie er es sich gewünscht hatte. Sein Freund Peyo durfte der Beerdigung selbstverständlich ebenfalls beiwohnen. Der Hengst verweilte eine ganze Weile an Raymonds Sarg und schien zu verstehen, dass dieser Abschied von seinem Freund ein Abschied für immer sein wird. Mit seiner Freundschaft zu Raymond hat Peyo jedoch eindrucksvoll bewiesen, dass wir Menschen nicht die einzigen Wesen dieses Planeten sind, die so komplexe Gefühle wie Trauer und Mitgefühl empfinden können.
Und was denken Sie daran ?