Bio-Tierfutter ist im Handel noch eher selten zu finden. Das liegt auch an strengen EU-Regeln, die viele Hersteller als Hürde betrachten. Die EU-Staaten wollen diese nun niedriger machen und auch Produkte mit nur 95 Prozent ökologischen Bestandteilen als Biofutter in die Regale lassen. Verbraucher sollten davon aber besser die Finger lassen.
Unterhändler der EU-Staaten und des Europaparlaments haben sich auf neue Regeln geeinigt, die es Herstellern einfacher machen sollen, Tierfutter mit Bio-Siegel anzubieten. Künftig müssen demnach für ein EU-Biosiegel nur noch 95 statt 100 Prozent der landwirtschaftlichen Zutaten des Tierfutters aus ökologischem Anbau stammen, wie aus einer Mitteilung der EU-Staaten hervorgeht. Futtermittelhersteller und Agrarverbände sprechen von Entlastung. Aber ist der Mindeststandard des EU-Bio-Labels für Verbraucher eigentlich gerecht? Reicht 95 Prozent Bio für Tierfutter aus?
Erst im Januar 2022 war die EU-Öko-Verordnung das letzte Mal angepasst worden. Durch die Novellierung des EU-Bio-Labels seien mehr Hersteller in der Lage dazu, die Anforderungen zu erfüllen. Damit soll auch das Ziel verfolgt werden, die Bio-Landwirtschaft in der EU zu stärken. EU-Staaten und Europaparlament müssen der nun gefundenen Einigung noch formell zustimmen
EU-Bio-Label in der Kritik
Seit 2010 ist das Bio-Label im gesamten EU-Raum beschlossen und muss umgesetzt werden, wenn Produkte das Label „bio“ oder „öko“ im Supermarkt tragen sollen. Das grüne Logo, mit den Sternen in Blattform genießt jedoch, laut einem Bericht von „Utopia“ noch immer weniger Vertrauen, als das deutsche Bio-Siegel.
Auch der gemeinnützige Verein Foodwatch kritisiert das EU-Bio-Label schon seit seiner offiziellen Einführung in Deutschland im Jahr 2012. Zum Beispiel prangern die Lebensmittelwächter an, dass bei EU-Bio künstliche Konzentrate anstatt echter Produkte aus Obst und Gemüse verwendet werden dürfen – und daher auch im Tierfutter landen können.
2023 zeigte zudem die große Lebensmittelstudie von Foodwatch, dass Tiere in Bio-Haltung beinahe genauso krank sind, wie in der konventionellen. So litten 40 Prozent aller Kühe in nicht-biologischer Haltung an einer Euterentzündung, in der ökologischen Landwirtschaft waren es 35 Prozent. Hühner wurden anstatt zu je 14 Tieren pro Quadratmeter zu zehnt auf einem Quadratmeter gehalten. Dieselben Tiere würden dann im „ökologisch-kontrollierten“ Bio-Tierfutter landen.
EU-Bio bedeutet nur 5 Prozent weniger Tierleid
Dass nun auch nur noch 95 Prozent der Bestandteile von Tierfutter aus biologischem Anbau und Landwirtschaft stammen soll, schafft eine Grauzone, in der 5 Prozent eben nicht aus dem ökologischen Anbau stammen müssen. Der Liste der in EU-Bio erlaubten 70 Zusatzstoffen kann man entnehmen, dass Gummi Arabicum im Bio-Tierfutter erlaubt ist. Ebenso die Verwendung von Aromen und Lecithin. Sogar der für Hunde giftige Süßstoff Erythrit ist nach EU-Bio-Richtlinien erlaubt.
Auch der Begriff „artgerechtere Haltung“ der von der Verordnung vorgeschrieben wird, ist mehr als schwammig. Laut den Ergebnissen der Foodwatch-Studie von 2023 bedeutet diese artgerechtere Haltung wohl 5 Prozent weniger kranke Tiere. Ob unter diesen Voraussetzungen Verbraucher wirklich zur Eu-Bio-Futterdose anstatt zum konventionellen Tierfutter greifen sollten, ist fraglich.
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